BMF, Schreiben v. 23.11.2009, IV A 3 - S 0338/07/10010, BStBl I 2009, 1319
Bezug: |
BMF-Schreiben vom 1.4.2009 (BStBl 2009 I S. 510); |
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TO-Punkte 8, 13 und 31 der Sitzung AO III/2009 vom 28. bis 30.9.2009 |
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes:
I.
In Abschn. I Nr. 1 und in Abschn. I Nr. 2 Buchst. c des BMF-Schreibens vom 1.4.2009 (BStBl 2009 I S. 510) wird jeweils die Anweisung zur Erläuterung des Umfangs der Vorläufigkeit wie folgt gefasst:
„Die Vorläufigkeitserklärung erfasst sowohl die Frage, ob die angeführten gesetzlichen Vorschriften mit höherrangigem Recht vereinbar sind, als auch den Fall, dass das Bundesverfassungsgericht oder der Bundesfinanzhof die streitige verfassungsrechtliche Frage durch Anwendung bzw. Auslegung des einfachen Rechts entscheidet ….”
II.
Die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat mit Beschlüssen vom 22.5.2009, 2 BvR 310/07 und 2 BvR 2240/04 § 24b EStG (Entlastungsbetrag für Alleinerziehende) bzw. § 32 Abs. 7 EStG (Haushaltsfreibetrag) betreffende Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen.
Nach dem Beschluss 2 BvR 310/07 (BStBl 2009 II S. …) werden Steuerpflichtige, die die Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens (§ 26 Abs. 1 EStG) erfüllen, durch die Versagung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende (§ 24b EStG) nicht in ihren Grundrechten verletzt.
Im Fall des den Haushaltsfreibetrag (§ 32 Abs. 7 EStG) betreffenden Beschlusses 2 BvR 2240/04 wurde die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, weil der Beschwerdeführer sich nicht mit den von ihm angegriffenen Entscheidungen und deren Begründung hinreichend auseinandergesetzt hatte. Verfahren, welche die Verfassungsmäßigkeit des für die Veranlagungszeiträume 2002 und 2003 geltenden § 32 Abs. 7 EStG betreffen, sind offensichtlich zurzeit weder beim Bundesverfassungsgericht noch beim Bundesfinanzhof anhängig. Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine vorläufige Steuerfestsetzung sind somit nicht mehr erfüllt.
Die Nr. 6 (Anwendung des § 24b EStG [Entlastungsbetrag für Alleinerziehende] für Veranlagungszeiträume ab 2004) und 8 (Anwendung des § 32 Abs. 7 EStG [Haushaltsfreibetrag] für die Veranlagungszeiträume 2002 und 2003) der Anlage zum BMF-Schreiben vom 1.4.2009 (a.a.O.) werden daher mit sofortiger Wirkung gestrichen. Insoweit vorläufige Steuerfestsetzungen müssen nur dann für endgültig erklärt werden, wenn der Steuerpflichtige dies beantragt oder die Steuerfestsetzung aus anderen Gründen zu ändern ist (§ 165 Abs. 2 Satz 4 AO). Wegen einer behaupteten Verfassungswidrigkeit des § 24b EStG bzw. des § 32 Abs. 7 EStG kommt ein Ruhenlassen außergerichtlicher Rechtsbehelfsverfahren nicht mehr in Betracht.
III.
Die Anlage zum BMF-Schreiben vom 1.4.2009 (a.a.O.) wird mit sofortiger Wirkung wie folgt gefasst:
„Festsetzungen der Einkommensteuer sind hinsichtlich folgender Punkte gem. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 3 und 4 AO im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit und verfassungskonforme Auslegung der Norm vorläufig vorzunehmen:
Der Vorläufigkeitsvermerk gem. Nr. 1 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen sowie sämtlichen Bescheiden über die gesonderte (und ggf. einheitliche) Feststellung von Einkünften für Veranlagungszeiträume ab 2007 beizuf...