Leitsatz

Das OLG Koblenz hat sich in dieser Entscheidung mit den Voraussetzungen für eine Befristung titulierten Krankheitsunterhalts auseinandergesetzt. Der unterhaltspflichtige Ehemann begehrte die Abänderung eines hierzu geschlossenen Vergleichs.

 

Sachverhalt

Die Beteiligten stritten um die Abänderung eines Vergleichs über nachehelichen Unterhalt.

Ihre am 13.4.1973 geschlossene Ehe wurde am 19.8.1982 geschieden. Im Zusammenhang mit der Scheidung verpflichtete sich der Antragsteller durch gerichtlichen Vergleich vom 28.9.2004 zur Zahlung nachehelichen Ehegattenunterhalt i.H.v. 441,00 DM.

Durch Anerkenntnisurteil vom 17.4.1984 wurde der Vergleich dahingehend modifiziert, dass lediglich noch Unterhalt von insgesamt 339,85 DM zu zahlen waren.

Die Antragsgegnerin war bereits vor der Ehe psychisch erkrankt. Seit dem Jahre 1983 war sie untergebracht und stand unter Betreuung. Sie bezog fortlaufend und bereits zum Zeitpunkt der Scheidung eine Erwerbsunfähigkeitsrente von zuletzt ca. 741,00 EUR, die insgesamt für die Kosten der Heimunterbringung verwandt wurden. Die darüber hinausgehenden Kosten trug die Sozialbehörde, an die der Antragsteller seit 1999 monatlich 220,64 EUR zahlte.

Der Antragsteller begehrte die Abänderung des Vergleichs ab Rechtshängigkeit (8.3.2010) dahin, dass er keinen nachehelichen Unterhalt mehr schuldete. Zur Begründung führte er an, er sei ab März 2009 Rentner und deshalb nicht mehr leistungsfähig. Er habe im Übrigen über sehr lange Zeit Unterhalt geleistet, der nunmehr zu befristen sei, zumal die Antragsgegnerin ehebedingte Nachteile nicht erlitten habe.

Die Antragsgegnerin berief sich auf den ihr zukommenden Vertrauensschutz.

Das erstinstanzliche Gericht hat das Anerkenntnisurteil aus dem Jahre 1984 dahingehend abgeändert, dass der Antragsteller ab Rechtshängigkeit nur noch 140,00 EUR zu zahlen habe.

Hiergegen wandte er sich mit seiner Beschwerde, mit der er auch weiterhin den völligen Wegfall seiner Unterhaltsverpflichtung ab 8.3.2010 begehrte.

Sein Rechtsmittel war erfolgreich.

 

Entscheidung

Das OLG hielt den Abänderungsantrag für zulässig und begründet. Der Ehegattenunterhalt sei antragsgemäß zu befristen.

Nach § 1578 Abs. 2 S. 1 BGB sei der Unterhaltsanspruch zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch grob unbillig sei. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergäben sich aus den nach § 1578b Abs. 2 S. 2 BGB entsprechend heranzuziehenden Gesichtspunkten für die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Lebensbedarf nach § 1578b Abs. 1 S. 2 und 3 BGB.

Danach sei bei der Billigkeitsabwägung für eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts primär zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sei, für den eigenen Unterhalt zu sorgen.

Ehebedingte Nachteile habe die Antragsgegnerin nicht erlitten, ihre Erkrankung habe unstreitig bereits vor der Ehe bestanden und habe ihre Ursache nicht in der Ehe. Dies wäre jedoch Voraussetzung, um einen ehebedingten Nachteil anzunehmen (vgl. etwa BGH FamRZ 2010, 1414).

Hieraus sei allerdings nicht der Schluss zu ziehen, dass Krankheitsunterhalt als sozusagen "gesetzlicher Regelfall" zu befristen sei. Auch wenn keine ehebedingten Nachteile vorlägen, sei die Befristung als gesetzliche Ausnahme nur bei Unbilligkeit eines weitergehenden Unterhaltsanspruchs begründet. Bei der anzustellenden Billigkeitsabwägung habe das Gericht das im Einzelfall gebotene Maß der Solidarität festzulegen, wobei das Gesetz mit der Ehedauer, mit der Gestaltung der Haushaltsführung und der Kindererziehung nicht abschließende Kriterien zur Verfügung stelle, die für die Bemessung der nachehelichen Solidarität heranzuziehen seien (BGH FamRZ 2010, 1414 [1415]).

Die Berücksichtigung der genannten Kriterien unter Berücksichtigung der finanziellen Verhältnisse der Antragstellerin und der Dauer der bisherigen Unterhaltszahlungen führten nach Ansicht des OLG zu dem Ergebnis, dass eine weitere Unterhaltsbelastung über den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Antrages hinaus i.S.v. § 1578b BGB unbillig sei.

Diesem Ergebnis stehe - anders als von dem AG angenommen - auch § 36 Nr. 1 EGZPO nicht entgegen. Die Zumutbarkeitsprüfung nach § 36 Nr. 1 EGZPO gehe bereits in dem insoweit umfassenden Tatbestand des § 1578b BGB auf (BGH FamRZ 2010, 1414 m. Anm. Borth).

 

Link zur Entscheidung

OLG Koblenz, Urteil vom 03.11.2010, 13 UF 586/10

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