Leitsatz
Die Parteien stritten um den nachehelichen Unterhalt. Das OLG Karlsruhe hat sich in dieser Entscheidung damit auseinandergesetzt, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs bei dauerhaften ehebedingten Nachteilen des Anspruchsberechtigten vorzunehmen ist.
Sachverhalt
Die Parteien hatten im Jahre 1993 geheiratet und lebten seit Mai 2005 getrennt. Durch Verbundurteil vom 21.1.2009 wurde die Ehe der Parteien geschieden und der Antragsgegner verurteilt, an die Antragstellerin nachehelichen Unterhalt i.H.v. 302,46 EUR Elementarunterhalt zzgl. 75,48 EUR Altersvorsorgeunterhalt zu zahlen.
Die im Jahre 1959 geborene Antragstellerin hatte eine Ausbildung zur Facharbeiterin für Betriebs- und Verkehrsdienst bei der Reichsbahn absolviert und war in diesem Beruf bis zur Schwangerschaft mit dem gemeinsamen Sohn erwerbstätig. Da sich die von ihr bis dahin ausgeübten Schichtdienste mit der Kinderbetreuung nicht vereinbaren ließen, beendete sie ihre Erwerbstätigkeit und war anschließend zunächst arbeitslos. Von 1995 bis 1997 absolvierte sie eine Umschulung zur Familienpflegerin. Anschließend war sie verschiedentlich als Pflegehelferin erwerbstätig.
Zu keinem Zeitpunkt erreichte sie hierfür das früher als Bahnfacharbeiterin erzielte Einkommen.
Im Sommer 2007 wurde bei der Antragstellerin eine Epilepsie diagnostiziert, in deren Folge sie arbeitsunfähig krankgeschrieben wurde. Nach Abklingen der Symptome aufgrund medizinischer Behandlung war die Antragstellerin ab September 2008 wieder stundenweise arbeitsfähig und bemühte sich seither, eine neue Arbeitsstelle zu finden, deren Ausübung im Rahmen der gesundheitlichen Situation für sie möglich war.
Der Antragsgegner war Lehrlokführer und seit August 2008 bei der E. GmbH angestellt. Zuvor war er bei der A. GmbH angestellt. Beide Gesellschaften hatten ihren Geschäftssitz unter derselben Adresse. Beide Gesellschaften hatten den gleichen Geschäftsführer. Die Parteien stritten darüber, ob der Antragsgegner durch den Wechsel zur Firma E. gegen seine Erwerbsobliegenheit verstoßen habe.
Die Antragstellerin trug vor, aus gesundheitlichen Gründen nicht in weitergehendem Umfang erwerbstätig sein zu können. Sie habe sich umfangreich und angemessen um eine Erwerbstätigkeit bemüht.
Gegen den Ausspruch zum nachehelichen Unterhalt im Verbundurteil legte der Antragsgegner Berufung ein, die sich als teilweise begründet erwies.
Entscheidung
Auch nach Auffassung des OLG hatte die Antragstellerin Anspruch auf nachehelichen Unterhalt seit dem 5.5.2009 gemäß §§ 1572, 1573 Abs. 2 BGB in unterschiedlicher Höhe. Zu ihrem Anspruch gehöre gemäß § 1578 Abs. 3 BGB auch der Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt.
Der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt folge im Zeitraum vom 5.5.2009 bis 30.9.2010 aus §§ 1572 Nr. 1, 1573 Abs. 2 BGB, da in diesem Zeitraum von der Antragstellerin wegen Krankheit eine ihrem Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen deckende Erwerbstätigkeit nicht habe erwartet werden können bzw. die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt gemäß § 1578 BGB nicht ausgereicht hätten. Seit dem 1.10.2010 folge der Anspruch allein aus § 1573 Abs. 2 BGB als Aufstockungsunterhalt.
In dem zuerst genannten Zeitraum zwischen dem 5.5.2009 und 30.9.2010 sei die Antragstellerin wegen Krankheit nach dem Sachverständigengutachten im Umfang von mehr als 78 % an einer Erwerbsfähigkeit gehindert gewesen. Das OLG machte sich die Ausführungen des Sachverständigen zu eigen, der die vorgelegten medizinischen Unterlagen zur Situation der Antragstellerin folgerichtig und plausibel umgesetzt habe.
Erst seit Oktober 2010 sei die Antragstellerin auch nach dem Gutachten vollschichtig arbeitsfähig.
Dem Antragsgegner sei entgegen dem Vortrag der Antragstellerin kein fiktiv höheres Einkommen wegen Verstoßes gegen die Erwerbsobliegenheit zuzurechnen.
Er habe überzeugend dargelegt, weshalb der Wechsel des Arbeitsgebers erfolgt sei. Insbesondere habe er darauf hingewiesen, dass er als Lehr-Lokführer nur eingesetzt werden könne, wenn er auch praktische Ausbildung betreiben könne, die Firma A. jedoch keine Verkehrserlaubnis für einen Schienenbetrieb habe. Damit habe der Antragsgegner überzeugend dargestellt, dass der Wechsel des Arbeitsplatzes nicht mutwillig zur Verkürzung der Unterhaltspflicht erfolgt war.
Das OLG sprach sich sowohl gegen eine Begrenzung als auch gegen eine Herabsetzung des Unterhalts nach § 1578b BGB aus.
Zur zeitlichen Begrenzung führte das OLG aus, der Gesetzgeber des § 1578b BGB habe den in § 1569 BGB zum Ausdruck kommenden Gedanken der Eigenverantwortlichkeit jedes Ehegatten nach der Ehescheidung stärken und die bei Anwendung der Differenzmethode entstehende lebenslange Lebensstandardgarantie beschränken wollen. Die Beschränkung solle nach dem Wortlaut des Gesetzes jedoch ihre Grenze dort finden, wo dem wirtschaftlich schwächeren Ehegatten durch die Ehe Nachteile in seinem beruflichen Fortkommen entstanden seien. Vorliegend habe die Antragstellerin e...