Leitsatz
Das OLG Karlsruhe hat sich in dieser Entscheidung mit der konkreten Bedarfsberechnung nach der Dreiteilungsmethode unter Berücksichtigung des Halbteilungsgrundsatzes bei sehr guten Einkommensverhältnissen auseinandergesetzt.
Sachverhalt
Geschiedene Eheleute stritten um den nachehelichen Unterhalt. Der Kläger begehrte Abänderung eines am 11.5.2004 vor dem AG abgeschlossenen Vergleichs, durch den er sich verpflichtet hatte, an die Ehefrau nachehelichen Unterhalt i.H.v. 2.800,00 EUR zu zahlen. Die Parteien waren übereingekommen, dass in diesem Betrag der Krankenvorsorgeunterhalt bereits enthalten sein sollte, nicht jedoch ein Altersvorsorgeunterhalt. Sie hatten sich in dem Vergleich ferner darüber geeinigt, dass innerhalb der nächsten zwei Jahre der abgeschlossene Vergleich nicht durch die Geltendmachung von Altersvorsorgeunterhalt geändert werden dürfe. Ferner hatten sie die Vergleichsgrundlage festgelegt und waren von einem unterhaltsrelevanten Nettoeinkommen des Klägers i.H.v. 6.000,00 EUR und unter Zugrundelegung des Halbteilungsgrundsatzes ein Bedarf der Beklagten von 3.000,00 EUR ausgegangen. Nach Abzug weiterer Positionen wurde ein bereinigtes Nettoeinkommen des Ehemannes von 5.740,00 EUR zugrunde gelegt. Zu dem hälftigen Betrag hiervon, 2.870,00 EUR, wurde das Zinseinkommen der Ehefrau i.H.v. 330,00 EUR in Abzug gebracht und der Krankenvorsorgeunterhalt i.H.v. 260,00 EUR addiert, so dass sich insgesamt ein Betrag von 2.800,00 EUR ergab, auf den die Parteien sich geeinigt hatten.
Der am 31.1.1958 geborene Kläger war wiederverheiratet. Seine zweite Ehefrau verfügte über keine abgeschlossene Berufsausbildung und war von Juli 1999 bis Februar 2006 als Stewardess tätig. Seit März 2006 ging sie keiner Erwerbstätigkeit mehr nach. Im Jahre 2008 wurde bei ihr eine schwere Erkrankung diagnostiziert.
Die Beklagte hatte ebenfalls keine abgeschlossene Berufsausbildung und nahm 1980 ihre Tätigkeit als Stewardess auf. Infolge ihrer Schwangerschaft wurde sie schließlich zum Bodendienst versetzt. Seit dem Jahre 1988 ging sie keiner Erwerbstätigkeit mehr nach.
Unstreitig war die Beklagte nicht mehr in der Lage, in ihrem Beruf als Flugbegleiterin zu arbeiten.
Das erstinstanzliche Gericht hat den von dem Kläger geschuldeten Unterhalt mit Urteil vom 19.12.2008 auf 1.000,00 EUR herabgesetzt und die weitergehende Abänderungsklage abgewiesen.
Beide Parteien legten gegen das erstinstanzliche Urteil Rechtsmittel ein.
Die Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg, die Berufung der Beklagten erwies sich als teilweise begründet.
Entscheidung
Das OLG kam zu dem Ergebnis, der Beklagten stehe ggü. dem Kläger ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB zu. Dieser Anspruch sei derzeit weder herabzusetzen noch zeitlich zu begrenzen.
Die Anpassung des Prozessvergleichs vom 11.5.2004 erfolge allein nach den Regeln des materiellen Rechts. Maßgebend seien die aus § 242 BGB abgeleiteten Grundsätze über die Veränderungen der Geschäftsgrundlage. Dabei seien zunächst die Grundlagen, die für den ursprünglichen Titel maßgebend gewesen seien, zu ermitteln. Sodann habe ausgehend von dieser Grundlage eine Anpassung des geschuldeten Unterhalts zu erfolgen.
Grundlage des Ausgangstitels sei ein Anspruch der Beklagten auf Betreuungsunterhalt gewesen. Ein solcher Anspruch bestehe aufgrund des Alters der gemeinsamen Kinder seit Februar 2008 nicht mehr. Erfüllt seien jedoch die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB, da die Beklagte derzeit nicht in der Lage sei, ihren Bedarf entsprechend den ehelichen Lebensverhältnissen durch eigene Erwerbseinkünfte zu decken.
Der Bedarf der Beklagten sei mit 3.000,00 EUR monatlich in die Unterhaltsberechnung einzustellen. Für die Berechnung ihres Bedarfs im Wege der Dreiteilung sei das Einkommen des Klägers unter Einschluss seines Splittingvorteils maßgeblich (BGH FamRZ 2008, 1911).
Das OLG errechnete ein unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen des Klägers i.H.v. monatlich ca. 8.915,00 EUR.
Für die Beklagte sei ein fiktives Einkommen von monatlich mindestens 1.346,00 EUR in die Unterhaltsberechnung einzustellen. Aus dem Einkommen der Parteien errechne sich nach der Drittelmethode ein Bedarf der Beklagten i.H.v. mindestens 3.420,00 EUR (8.915,00 EUR + 1.346,00 EUR = 10.261,00 EUR : 3). Noch nicht berücksichtigt seien hierbei die Ersparnisse des Klägers und seiner jetzigen Ehefrau durch das gemeinsame Haushalten, die zu einer weiteren Erhöhung des Bedarfs der Beklagten führten. Gleiches gelte hinsichtlich etwaiger fiktiver Einkünfte der derzeitigen Ehefrau des Klägers.
Bei diesen außerordentlich guten Einkommensverhältnissen des Klägers sei davon auszugehen, dass nicht sein gesamtes Einkommen für den laufenden Lebensbedarf verbraucht werde, sondern auch anderen Zwecken wie z.B. der Vermögensbildung diene. Da Unterhaltszahlungen ausschließlich den Unterhaltsbedarfs des Berechtigten decken sollten, würde eine quotale Berechnung im vorliegenden Fall zu keinem zutreffende...