Leitsatz
Geschiedene Eheleute stritten um den an die Ehefrau zu leistenden nachehelichen Unterhalt. Zentrales Problem der Entscheidung war insbesondere der bei beiden Eheleuten zu berücksichtigende Wohnwert sowie die Frage der Befristung des Unterhalts gemäß § 1578b BGB.
Sachverhalt
Die Parteien hatten im Jahre 1994 geheiratet und sich im Jahre 2003 getrennt. Aus ihrer Ehe war eine im Juli 1998 geborene Tochter hervorgegangen.
Auf den von der Ehefrau eingereichten Ehescheidungsantrag wurde die Ehe durch Urteil des AG vom 31.1.2005 - rechtskräftig sei dem 5.4.2005 - geschieden.
Am 8.2.2006 hatten die Parteien eine notarielle Scheidungsfolgenvereinbarung getroffen, in der sie u.a. erklärten, bei der derzeit bestehenden Einkommenssituation sich wechselseitig nicht auf Ehegattenunterhalt in Anspruch nehmen zu wollen, wobei die Klägerin beabsichtigte, ab Mai 2006 wieder arbeiten zu gehen und eine unterhaltsrechtliche Neuberechung ab diesem Zeitpunkt vorbehalten blieb. Die gemeinsame Tochter lebte entsprechend der notariellen Vereinbarung im Haushalt der Ehefrau und wurde von ihr betreut. Der Ehemann verpflichtete sich, für das Kind Unterhalt i.H.v. monatlich 450,00 EUR zu zahlen, wobei zudem das Kindergeld berücksichtigt werden sollte.
Der Beklagte war beim X.-Verband beschäftigt. Er lebte in dem früheren gemeinsamen Anwesen und hatte hierauf monatlich Darlehensverbindlichkeiten i.H.v. 717,26 EUR zu zahlen.
Die Klägerin war seit Mai 2006 bei einer Krankenkasse mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 18 Stunden beschäftigt. Zuvor erhielt sie Erwerbsunfähigkeitsrente, nachdem sie im September 2002 bei der Explosion eines Spiritusrechauds erhebliche Verletzungen erlitten hatte. Im August 2007 erwarb die Klägerin eine Eigentumswohnung zum Preis von 114.500,00 EUR. Den Kaufpreis hatte sie teilweise selbst aufgebracht durch Aufnahme eines Darlehens i.H.v. 40.000,00 EUR bei einer Bank und durch Zahlung weiterer 40.000,00 EUR, welche sie im Wege der vorgenommenen Erbfolge/Schenkung seitens ihrer Eltern erhalten hatte.
Der Beklagte hat ab Mai 2006 Unterhalt i.H.v. monatlich 125,97 EUR gezahlt und außerdem eine Nachzahlung geleistet. Von Januar bis Dezember 2007 zahlte er monatlichen Unterhalt i.H.v. 157,33 EUR.
Mit ihrer dem Beklagten am 8.5.2008 zugestellten Klage machte die Klägerin nachehelichen Unterhalt i.H.v. monatlich 612,00 EUR ab Dezember 2007 sowie i.H.v. 8.748,54 EUR für den Zeitraum von Mai 2006 bis November 2007 geltend.
Das AG hat Beweis erhoben über die Frage der Erwerbsfähigkeit der Klägerin sowie über die objektiven Wohnwerte der von den Parteien bewohnten Wohnungen durch Einholung schriftlicher Sachverständigengutachten.
Mit Urteil vom 29.7.2010 wurde der Beklagte unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung nachehelichen Unterhalts ab 8.5.2007 in unterschiedlicher Höhe verurteilt.
Hiergegen wandte er sich mit seiner Berufung, mit der er die Abweisung der Klage insgesamt erstrebte.
Sein Rechtsmittel erwies sich als teilweise begründet.
Entscheidung
Die Berufung des Beklagten führte zu einer Reduzierung der erstinstanzlich ausgeurteilten Unterhaltsbeträge.
Die Klägerin habe einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt gemäß § 1572 BGB, weil sie krankheitsbedingt nicht in der Lage sei, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Nach den Feststellungen des medizinischen Sachverständigen leide sie aufgrund des erwähnten Unfalls noch an dauerhaft starken Beeinträchtigungen. Mit einer Besserung des Gesundheitszustandes oder gar die Wiederherstellung der vollen Erwerbstätigkeit sei nicht zu rechnen. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass die Klägerin notwendige therapeutische Maßnahmen versäumt habe. Aus dem Gutachten folge, dass die Klägerin ihrer Erwerbsobliegenheit durch die Ableistung von 18 Arbeitsstunden pro Woche in vollem Umfang genüge und eine weitergehende Tätigkeit ihr schon aus gesundheitlichen Gründen nicht zugemutet werden könne.
Das OLG hielt die Voraussetzungen des § 1572 BGB für erfüllt, so dass der Beklagte Krankheitsunterhalt schulde, dessen Höhe sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen richte. Dabei sei aufseiten des Beklagten von dessen Einkünften aus Erwerbstätigkeit auszugehen. Außerdem sei ein Wohnvorteil zu berücksichtigen. Letztendlich sei in zweiter Instanz nur noch die Berechnung des Wohnvorteils umstritten.
Das OLG folgte hinsichtlich der Berechnung des Wohnwertes dem erstinstanzlichen Urteil. Die dort vorgenommene Berechnung entspreche der zwischenzeitlich gefestigten Rechtsprechung des BGH (FamRZ, 2009; 23, FamRZ 2008, 963; FamRZ 2007, 879; FamRZ 2005, 1159; Eschenbruch, a.a.O., Kap. 1, Rz. 583, 588; Wendl/Gerhardt, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 4, Rzn. 205 ff.).
Danach sei der objektive Wohnwert anzusetzen, wenn eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr zu erwarten sei. Von dem Vorteil mietfreien Wohnens seien grundsätzlich die mit dem Eigentumserwerb verbundenen Kosten abzusetzen, weil der Eigentümer nur in Höh...