Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachehelicher Unterhalt: Berechnung des Wohnvorteils. Begrenzung des Krankheitsunterhalts
Leitsatz (amtlich)
Für die Berechnung des nachehelichen Unterhalts kommt es grundsätzlich auf den objektiven Wohnwert an. Immobilienbelastungen sind nur in Höhe des Zinsanteils berücksichtungsfähig. Nicht prägende Wohnvorteile auf Seiten des Berechtigten sind ausschließlich bedürftigkeitsmindernd anzusetzen. Bei der Begrenzung des Krankheitsunterhalts nach § 1572 BGB gem. § 1578b BGB ist dem Gesichtspunkt der nachehelichen Solidarität besonderes Gewicht beizumessen.
Normenkette
BGB §§ 1572, 1578b Abs. 1
Verfahrensgang
AG Ottweiler/Saar (Urteil vom 29.07.2010; Aktenzeichen 12 F 908/07 UE) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das am 1.2.2010 verkündete, durch die Beschlüsse des Familiengerichts vom 28.4.2010 und des Senats vom 29.7.2010 berichtigte Urteil des AG - Familiengericht - in Ottweiler - 12 F 908/07 UE - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an die Klägerin nachehelichen Unterhalt i.H.v.
206,45 EUR für die Zeit vom 8. bis 31.5.2007 sowie i.H.v. monatlich
266,67 EUR für Juni 2007 bis September 2007,
158 EUR für Januar 2008 bis Dezember 2008,
161 EUR für Januar 2009 bis Juli 2009,
178 EUR für August 2009 bis September 2009,
176 EUR für Oktober 2009 bis Dezember 2009,
180 EUR für Januar 2010 bis Juni 2010 und
172 EUR ab Juli 2010
zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtstreits erster Instanz tragen die Klägerin 82/100, der Beklagte 18/100. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 43/100, der Beklagte 57/100.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
I. Die am ... März 1970 geborene Klägerin, französische Staatsbürgerin, und der am ... Oktober 1964 geborene Beklagte, deutscher Staatsbürger, haben am ... Juni 1994 geheiratet. Aus der Ehe ist die am ... Juli 1998 geborene Tochter N. D. B. hervorgegangen. Am 15.9.2003 haben sich die Parteien getrennt. Die Klägerin hat mit am 16.10.2004 dem Beklagten zugestelltem Schriftsatz die Scheidung der Ehe beantragt. Durch Urteil des AG - Familiengericht - in Ottweiler vom 31.1.2005, 12 F 700/04, wurde die Ehe - seit dem 5.4.2005 rechtskräftig - geschieden. Am 8.2.2006 trafen die Parteien eine notarielle Scheidungsfolgenvereinbarung, wonach sich die allgemeinen Ehewirkungen nach deutschem Recht richten sollten und sie erklärten, bei der derzeit bestehenden Einkommenssituation sich wechselseitig nicht auf Ehegattenunterhalt in Anspruch nehmen zu wollen, wobei die Klägerin beabsichtige, ab Mai 2006 wieder arbeiten zu gehen und eine unterhaltsrechtliche Neuberechnung ab diesem Zeitpunkt vorbehalten bleibe. Entsprechend der notariellen Vereinbarung lebt N. D. im Haushalt der Klägerin und wird von dieser betreut. Der Beklagte verpflichtete sich, für das Kind Unterhalt i.H.v. monatlich 450 EUR zu zahlen, wobei zudem das Kindergeld berücksichtigt werden sollte.
Die Parteien waren je zur Hälfte Miteigentümer des Hausanwesens [Straße, Nr.], [Ort I.], wo sich auch die gemeinsame Ehewohnung befand. Gemäß dem vorerwähnten Notarvertrag veräußerte die Klägerin ihren Miteigentumsanteil an den Beklagten. Dieser zahlte als Gegenleistung an die Klägerin insgesamt 32.500 EUR und übernahm noch bestehende Darlehensverbindlichkeiten bei der [Bankbezeichnung] AG (Kontonummer: ~8 und ~1) i.H.v. 35.821,46 EUR, bei der [Bankbezeichnung 2] (Kontonummer: ~0) i.H.v. 22.500 EUR sowie bei der [Bankbezeichnung 3] AG (Kontonummer: ~01) i.H.v. 5.269,88 EUR.
Wegen der Einzelheiten im Übrigen wird auf die notarielle Urkunde (Bl. 81 ff. d.A.) Bezug genommen.
Der Beklagte ist beim X. verband [Ort S.] beschäftigt. Er lebt in dem früheren gemeinsamen Anwesen und hat wegen hierauf lastender Darlehensverbindlichkeiten monatliche Raten i.H.v. 717,26 EUR zu zahlen. Zur Finanzierung des in dem Notarvertrag vereinbarten Herauszahlungsbetrages hat der Beklagte ein Darlehen i.H.v. 25.000 EUR aufgenommen, das mit 4 % zu verzinsen ist und worauf er monatlich 83,33 EUR an Zinsen zu zahlen hat. Außerdem unterhält er seit dem 10.9.2001 eine Kapitallebensversicherung, mit der ein Darlehen bei der [Bankbezeichnung 4] getilgt werden soll und worauf monatliche Prämien i.H.v. 155 EUR zu zahlen sind.
Die Klägerin ist seit Mai 2006 bei der [Name einer Krankenkasse] mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 18 Stunden beschäftigt. Zuvor erhielt sie Erwerbsunfähigkeitsrente. Sie erlitt am 17.9.2002 bei der Explosion eines Spiritusrechauds erhebliche Verbrennungen. Derzeit ist bei ihr ein GdB von 50 anerkannt. Auf Grund notariellen Vertrags vom 7.8.2007 erwarb die Klägerin eine Eigentumswohnung in dem Hausanwesen [Straße, Nr.], [Ort S.], zum Preis von 114.500 EUR. Den Kaufpreis hat sie teilweise aufgebracht durch Aufnahme eines Darlehens i.H.v. 40.000 EUR bei der D. und durch Zahlung weiterer 40.000 EUR, welche die Klägerin im Wege der vorweggenommenen Erbfolge/Schenkung...