Leitsatz
Geschiedene Eheleute stritten um die Abänderung des nachehelichen Ehegattenunterhalts. Dieser war durch Vergleich zugunsten der früheren Ehefrau tituliert worden. Nach Erreichen der Volljährigkeit der beiden aus der Ehe hervorgegangenen Töchter wollte der Ehemann nur noch verringerten Ehegattenunterhalt leisten. Kernproblem der Entscheidung war die Erwerbsobliegenheit der geschiedenen Ehefrau.
Sachverhalt
Geschiedene Eheleute stritten um die Abänderung eines Prozessvergleichs über den nachehelichen Unterhalt. Die Ehe war am 3.8.1970 geschlossen worden. Aus der Ehe waren die im Mai 1987 geborenen Zwillingsschwestern A. und V. hervorgegangen. Die Ehe der Parteien war seit dem 9.2.1998 rechtskräftig geschieden.
Der Ehemann war ärztlicher Direktor in einem Universitätsklinikum mit der Besoldungsstufe A15 und in zweiter Ehe verheiratet. Die geschiedene Ehefrau war promovierte Pädagogin und hatte zusätzlich eine Prüfung zur Heilpraktikerin abgelegt. Von 1982 bis 1987 unterhielt sie eine Praxis für psychosoziale und pädagogische Betreuung. Seit der Geburt der gemeinsamen Kinder war sie nicht mehr erwerbstätig.
In einem anlässlich der Ehescheidung geschlossenen Vergleich verpflichtete sich der Ehemann zur Zahlung nachehelichen Unterhalts von monatlich DM 1.900,00 und zur Zahlung von Kindesunterhalt nach der 9. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle. Durch weiteren Prozessvergleich vom 23.8.1999 änderten die Parteien den Ehegattenunterhalt auf DM 1.850,00 und legten den Kindesunterhalt nach der Einkommensgruppe 12 der Düsseldorfer Tabelle fest. In einem weiteren Prozessvergleich vom 28.1.2002 einigten sich die Parteien auf Ehegattenunterhalt von EUR 767,00.
Mit der von ihm erhobenen Abänderungsklage erstrebte der Ehemann die Herabsetzung des Ehegattenunterhalts ab Volljährigkeit der Töchter. Zunächst hatte er vollständigen Wegfall begehrt, in der Berufungsinstanz zuletzt jedoch nur noch die Herabsetzung auf EUR 450,00.
Das erstinstanzliche Gericht hat den nachehelichen Unterhalt ab Juni 2005 auf EUR 486,00 herabgesetzt. Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers hat das OLG den Ehegattenunterhalt zeitlich gestaffelt in unterschiedlicher Höhe, zuletzt ab Januar 2006, auf EUR 489,00 herabgesetzt.
Hiergegen richtete sich die vom OLG zugelassene Revision der Beklagten, die sich entsprechend ihrem in der Berufungsinstanz zuletzt gestellten Antrag gegen eine Herabsetzung auf unter EUR 700,00 wehrte.
Die Revision führte zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Entscheidung
Auch der BGH hielt die geschiedene Ehefrau für verpflichtet, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Ihren Obliegenheiten insoweit habe sie nicht entsprochen. Die bloße Meldung beim Arbeitsamt reiche nicht aus, eine darüber hinausgehende Eigeninitiative sei nicht erkennbar. Das OLG habe aus dem Inhalt der von ihr vorgelegten Bewerbungsschreiben zu Recht Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Bewerbungen hergeleitet. Die mangelhafte Arbeitssuche müsse allerdings nicht ursächlich für die Arbeitslosigkeit sein. Die Ursächlichkeit bestehe nicht, wenn nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Arbeitsmarktes sowie den persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten des Unterhalt begehrenden Ehegatten für ihn keine reale Beschäftigungschance bestehe. Insoweit sei darauf abzustellen, ob eine solche Chance bestanden hätte, wenn die Ehefrau von Anfang an ihrer Erwerbsobliegenheit genügt hätte. Zweifel hieran gingen im Hinblick auf ihre Darlegungs- und Beweislast zu ihren Lasten.
Hinweis
In der Praxis ist zu berücksichtigen, dass auch bei erwiesener Obliegenheitsverletzung fiktive Einkünfte nur dann zugerechnet werden können, wenn tatsächlich eine reale Beschäftigungschance besteht. Der BGH hebt in seiner Entscheidung hervor, dass den Unterhaltsgläubiger für das fehlende Vorhandensein einer solchen Möglichkeit die Darlegungs- und Beweislast trifft.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 30.07.2008, XII ZR 126/06