Leitsatz

In seiner Entscheidung hat der BGH die mittlerweile gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung zur Befristung des Krankheitsunterhalts unter Nennung der maßgeblichen Faktoren zusammengefasst und eine klare Prüfungsfolge vorgegeben.

 

Sachverhalt

Die Parteien stritten um nachehelichen Unterhalt. Sie hatten im Jahre 1984 geheiratet. Aus der Ehe waren zwei in den Jahren 1984 und 1990 geborene Kinder hervorgegangen. Nach der Geburt der ersten Tochter gab die Ehefrau ihre Berufstätigkeit als Apothekenhelferin auf. Nach der Trennung der Beteiligten im Jahre 2002 erkrankte sie an einer Psychose mit sekundärer Alkoholabhängigkeit und war seither dauernd erwerbsunfähig. Eine EU-Rente erhielt sie nicht, weil sie die erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllte.

Im Hinblick auf die Erkrankung der Ehefrau übernahm der Ehemann daraufhin neben seiner Erwerbstätigkeit als Arbeiter die Betreuung des minderjährigen Sohnes und unterhielt beide Kinder.

Seit September 2004 zahlte er Trennungsunterhalt. Im Oktober 2008 wurde die Ehescheidung rechtskräftig. Das AG verurteilte den Antragsgegner bei anrechenbaren Einkünften von knapp 2.300,00 EUR zur Zahlung von 957,00 EUR Elementar-, 125,00 EUR Krankenvorsorge- und 258,00 EUR Altersvorsorgeunterhalt, dies befristet bis September 2013.

Die gegen die Befristung gerichtete Berufung der Ehefrau wurde vom OLG wegen fehlender ehebedingter Nachteile aufseiten der Ehefrau zurückgewiesen.

Hiergegen richtete sich die zugelassene Revision.

 

Entscheidung

Der BGH hat das Urteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Eine Befristung komme nur dann in Betracht, wenn die Ehefrau ihren eigenen angemessenen Lebensbedarf i.S.d. § 1578b Abs. 1 BGB aus eigenen Einkünften sicherstellen könne. Bei Gesunden sei hierzu ein Einkommen zugrunde zu legen, das ohne die Eheschließung erzielt worden wäre, bei nicht ehebedingt Kranken/Rentnern eine dementsprechende EU-Rente oder Altersrente. Untergrenze sei der Mindestbehalt eines nicht Erwerbstätigen.

Dass die Ehefrau EU-Rente nicht beziehe, stelle sich als ehebedingter Nachteil dar, der erst mit dem Bezug einer Rente wegen Alters wieder wegfalle.

Wenn eine Krankheit nicht ehebedingt sei, sei gleichwohl beim Krankheitsunterhalt ein ehebedingter Nachteil denkbar, wenn der Unterhaltsberechtigte aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt habe und eine Erwerbsunfähigkeitsrente infolge der Ehe oder Kindererziehung geringer sei, als ohne die Ehe wäre, oder wenn sie vollständig entfalle.

Ein ehebedingter Nachteil wegen der Aufgabe der Erwerbstätigkeit infolge der Kindererziehung und Haushaltstätigkeit könne sich dann ergeben, wenn deswegen die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht erfüllt seien. Eine solche Lücke durch die ehebedingte Erwerbslosigkeit werde auch durch den durchgeführten Versorgungsausgleich nicht kompensiert, so dass in diesem Fall der ehebedingte Nachteil im Verlust der ohne Ehe und Kindererziehung erzielbaren Erwerbsunfähigkeitsrente bestehe und auf die Rollenverteilung in der Ehe zurückzuführen und damit ehebedingt sei.

Dieser ehebedingte Nachteil entfalle allerdings mit dem Beginn der Altersrente, weil für diese nach §§ 35 ff. SGB VI neben der Erfüllung der Wartezeiten der Altersvoraussetzung keine Mindestzahl von Pflichtbeiträgen erforderlich sei.

 

Hinweis

Die eingehende Lektüre dieser Entscheidung empfiehlt sich für jeden Praktiker, zumal sie Kriterien der insoweit gefestigten Rechtsprechung des BGH zur Befristung des Krankheitsunterhalts zusammenfasst und auch für die Befristung sonstiger Unterhaltsansprüche von Bedeutung ist.

Der Inhalt der Entscheidung trägt wesentlich zur Klärung der ehebedingten Nachteile und der Billigkeitskriterien beim Krankheitsunterhalt bei. Auch die Prüfungsreihenfolge ist dort ausführlich und deutlich dargelegt.

Danach erfolgt die Prüfung grundsätzlich in zwei Schritten. Zunächst sind ehebedingte Nachteile sorgfältig zu prüfen, die grundsätzlich immer ausgeglichen werden müssen. Soweit danach eine Befristung/Begrenzung in Betracht kommt, weil keine ehebedingten Nachteil vorliegen, ist bei der Billigkeitsprüfung der Aspekt der nachehelichen Solidarität einzubeziehen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 02.03.2011, XII ZR 44/09

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