Leitsatz

Die Ehefrau machte im Scheidungsverbundverfahren nachehelichen Unterhalt geltend. Sie war im Jahre 1935, der Ehemann im Jahre 1937 geboren. Die Ehe war im August 1980 geschlossen worden. Gemeinsame Kinder waren aus der Ehe der Parteien nicht hervorgegangen.

Das AG hat die Ehe der Parteien geschieden, den Versorgungsausgleich zugunsten der Ehefrau geregelt und den Ehemann und Antragsteller zur Zahlung monatlichen nachehelichen Unterhalts von 270,00 EUR für die Dauer von vier Jahren verurteilt. Gegen das erstinstanzliche Urteil legten beide Parteien Berufung ein. Die Rechtsmittel beider Parteien erwiesen sich als zum Teil begründet.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das Rechtsmittel des Ehemannes führte zur Reduzierung des von ihm zu leistenden nachehelichen Unterhalts auf monatlich 190,00 EUR. Das Rechtsmittel der Ehefrau hatte zur Folge, dass der Unterhaltsanspruch nicht auf vier, sondern auf sechs Jahre vom OLG befristet wurde.

Aufseiten der Ehefrau legte das OLG zur Bemessung des Unterhaltsbedarfs deren Altersrente sowie weitere Einkünfte, nämlich (fiktive) Zinsen zugrunde, die sie sich im Hinblick auf den nach Verkauf des Grundstücks erzielten Erlöses von 28.707,00 EUR zurechnen lassen müsse.

Ihre pauschale Behauptung, den gesamten Betrag verbraucht zu haben, reiche nicht aus, zumal der Antragsteller rechtskräftig zur Zahlung von Trennungsunterhalt verurteilt worden sei, so dass der Antragsgegnerin über die Altersrente hinaus weitere Mittel zur Bestreitung der Lebenshaltungskosten zur Verfügung gestanden hätten.

Sie sei allerdings nicht zu Verwertung des Vermögensstamms, sondern nur zur Ertrag bringenden Anlage ihres Vermögens verpflichtet. Gemäß § 1577 Abs. 3 BGB brauche der Berechtigte den Stamm des Vermögens nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.

Der Antragsteller habe nach seinem eigenen Vorbringen aus dem Hausverkauf einen Betrag von zumindest 14.000,00 EUR erhalten, der ihm zur freien Verfügung gestanden habe. Mit Rücksicht darauf könne der Antragsgegnerin nicht angesonnen werden, den Anteil, den sie erhalten habe, unmittelbar für Unterhaltszwecke einzusetzen.

Aufseiten des Antragstellers ging das OLG davon aus, dass die von ihm bezogene Unfallrente in vollem Umfang in die Unterhaltsberechnung einzustellen sei. Eine Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung habe Einkommensersatzfunktion mit der Folge, dass die Deckungsvermutung bei schadensbedingten Mehraufwendungen nach der Vorschrift des § 1610a BGB, die nach § 1361 Abs. 1 S. 1 BGB beim Trennungsunterhalt und nach § 1578a BGB beim nachehelichen Unterhalt gelte, keine Anwendung finde (vgl. auch Palandt/Diederichsen, BGB, 68. Aufl., § 1610a, Rz. 4).

Daher müsse behinderungsbedingter Mehraufwand im Einzelnen dargelegt und ggf. bewiesen werden. Hieran fehle es im vorliegenden Fall.

Im Übrigen müsse sich auch der Antragsgegner fiktive Zinseinkünfte zurechnen lassen. Nach seinem eigenen Vortrag habe er von dem Erlös aus dem Hausverkauf einen Anteil von 14.000,00 EUR erhalten. Gehe man bei einer längerfristigen Anlage von einem Jahreszinssatz von 3 % aus, ergebe sich heraus ein Betrag von 420,00 EUR und somit zusätzliches monatliches Einkommen von rund 35,00 EUR.

Im Übrigen ging das OLG davon aus, dass der Anspruch der Ehefrau auf nachehelichen Unterhalt auf die Dauer von sechs Jahren zeitlich zu befristen sei. Sie habe ehebedingte Nachteile nicht erlitten. Danach lägen die Voraussetzungen für eine Begrenzung des Unterhalts vor. Eine Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf nach § 1578b Abs. 1 BGB scheide im vorliegenden Fall aus. Da aufseiten der Antragsgegnerin lediglich von einem Einkommen i.H.v. 625,00 EUR auszugehen sei, stehe ihr unter Einbeziehung des vom Antragsteller zu zahlenden nachehelichen Unterhalts von 194,00 EUR somit nur 819,00 EUR zur Verfügung.

Für die Bemessung der Zeitspanne, in der der Berechtigte Unterhalt erhalte, sei von Bedeutung, welche Zeit er brauche, um sich auf die neue Lebenssituation einzustellen. Vorliegend sei zu berücksichtigten, dass die Ehe der Parteien bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages bereits 23 Jahre angedauert habe. Andererseits sei zu beachten, dass zwischen der Trennung der Parteien und der Rechtskraft der Scheidung ein erheblicher Zeitraum liege, was bei der Abwägung hinsichtlich der Rechtsfolge nach § 1578b Abs. 2 S. 1 BGB ebenfalls zu berücksichtigen sei (vgl. BGH FamRZ 2008, 134 ff., Rz. 29).

 

Link zur Entscheidung

Brandenburgisches OLG, Urteil vom 16.06.2009, 10 UF 124/08

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