Leitsatz
Zentrales Problem dieser Entscheidung war die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Befristung nachehelichen Unterhalts bei Vorliegen ehebedingter Nachteile in Betracht kommt.
Sachverhalt
Die Parteien hatten am 28.3.1980 geheiratet. Seinerzeit befand sich die Klägerin nach bestandenem Abitur in einer im September 1978 begonnenen Ausbildung zur Bankkauffrau. Der erste Sohn der Parteien wurde am 11.10.1980 geboren. Die Klägerin gab ihre Ausbildung auf, der Ausbildungsvertrag wurde im Mai 1981 gelöscht. Im August 1984 wurde der zweite Sohn der Parteien geboren. Die Klägerin, die bis dahin nicht berufstätig war, begann im Jahre 1986 mit einer Tätigkeit als Tagesmutter, die sie im Jahre 1989 wieder aufgab, da der älteste Sohn an einem Krebsleiden erkrankte. Im Januar 1991 wurde der dritte Sohn der Parteien geboren.
Im November 1996 begann die Klägerin eine stundenweise Tätigkeit beim Unternehmen P., die sie bis zum Zeitpunkt der Scheidung ausübte. Ihr aktueller Stundenlohn betrug 12,23 EUR. In den Jahren 1997 und 1998 konnte sie lediglich stundenweise am Freitagnachmittag und Samstag arbeiten, weil nur zu diesen Zeiten eine Übernahme der Betreuung des dritten Sohnes, der damals einer erhöhten Betreuung bedurfte, durch den Beklagten möglich war.
Der Beklagte hatte 1975 das Abitur abgelegt und danach eine Ausbildung im öffentlichen Dienst begonnen. Im September 1977 wurde er zum Stadtinspektor ernannt. Von 1977 bis 1980 besuchte er die Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege. Von 1982 bis 1985 belegte er ein Fortbildungsstudium an der Verwaltungsakademie. Er durchlief von 1983 bis 1991 die Laufbahn des gehobenen Dienstes und war zuletzt Oberamtsrat. 1992 wechselte er in den höheren Dienst und wurde im November 1994 zum Regierungsdirektor ernannt.
Die Parteien trennten sich Ende 2002 und wurden im November 2003 rechtskräftig geschieden. Die Parteien schlossen einen Vergleich vor dem AG, wonach sich der Beklagte verpflichtete, an die Beklagte nachehelichen Unterhalt i.H.v. 450,00 EUR zu zahlen. Hierbei war eine Haushaltsersparnis von 200,00 EUR aufseiten der Klägerin berücksichtigt worden, die damals mit einem Partner zusammenlebte. Gleichzeitig verpflichtete er sich, an den jüngsten Sohn Unterhalt von monatlich 170 % des Regelbetrages nach § 1 der jeweiligen RegelbetragsVO der 3. Altersstufe zu zahlen und die Klägerin von Unterhaltsansprüchen des Kindes D. im Innenverhältnis freizustellen.
Die Partnerschaft der Klägerin bestand seit Oktober 2005 nicht mehr. Die Ausbildung des Sohnes D. endete im August 2006. Die Klägerin beantragte, den Beklagten zu verurteilen, in Abänderung des im Jahre 2005 geschlossenen Vergleichs an sie ab Oktober 2007 einen monatlich im Voraus zu zahlenden Unterhalt i.H.v. 923,00 EUR sowie einen Unterhaltsrückstand von März 2007 bis September 2007 i.H.v. 2.625,00 EUR zu zahlen.
Der Beklagte beantragte Klageabweisung sowie widerklagend, festzustellen, dass er in Abänderung des Vergleichs aus dem Jahre 2005 ab Dezember 2007 nachehelichen Unterhalt nicht mehr schulde.
Das FamG hat mit Urteil vom 3.6.2008 den Beklagten in Abänderung des Vergleichs aus dem Monat Juni 2005 verurteilt, an die Klägerin ab März 2007 einen monatlichen Unterhalt i.H.v. 790,00 EUR und ab Januar 2008 monatlichen Unterhalt von 760,00 EUR zu zahlen und die Widerklage abgewiesen. Es ist davon ausgegangen, dass der Unterhaltsanspruch weder verwirkt noch herabzusetzen und zeitlich zu begrenzen sei, da die Klägerin ehebedingte Nachteile erlitten habe, da sie bei einer Fortführung ihrer Berufsausbildung und anschließender Berufstätigkeit heute ca. 4.000,00 EUR brutto verdienen könnte.
Gegen das erstinstanzliche Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt. Sein Rechtsmittel war nur zu einem geringen Teil erfolgreich.
Entscheidung
Auch das KG hielt den Unterhaltsanspruch der Ehefrau für nicht verwirkt. Auch eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung komme zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht in Betracht.
Obgleich die Klägerin nicht vollschichtig arbeite, könne ihr höheres Einkommen nicht fiktiv zugerechnet werden. Zwar sei es ihr möglich, neben ihrer derzeitigen Tätigkeit noch einem Nebenerwerb nachzugehen, so dass sie tatsächlich auch den fiktiven Verdienst erzielen könnte. Hierbei sei jedoch zu berücksichtigen, dass der fiktive Verdienst bei einer Vollbeschäftigung mit einem Verdienst von 12,23 EUR/Std. bereits am oberen Limit liege. Die Klägerin habe durch zahlreiche Internetauszüge belegt, dass dieser Lohn für ungelernte Arbeitskräfte heute nicht mehr gezahlt werde. Dies sei aus zahlreichen Unterhaltsverfahren auch dem Senat gerichtsbekannt. Auch ihr jetziger Arbeitgeber zahle bei Neueinstellungen mit 9,50 EUR/Std. deutlich weniger. Die Klägerin habe aufgrund ihres Alters und ihrer Erwerbsbiografie keinerlei Möglichkeit, über den fiktiven Verdienst hinausgehendes Einkommen zu erzielen. Die geringen Abweichungen von dem tatsächlichen Einkommen belegten, dass die Klägerin aufgrund von teilweise höherer Stundenzahl ...