Leitsatz
Zentrales Problem dieser Entscheidung war die Frage, ob ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt auch nach langer Ehedauer und mehrjähriger kinderbedingter Berufspause der anspruchsberechtigten Ehefrau zeitlich befristet werden kann.
Sachverhalt
Die im Jahre 1942 geborene Antragstellerin und der 1949 geborene Antragsgegner hatten am 14.11.1980 geheiratet. Aus ihrer Ehe ist ein am 30.3.1982 geborener Sohn hervorgegangen.
Die Trennung der Parteien erfolgte im Januar 2003, das zuvor bewohnte Einfamilienhaus des Antragsgegners wurde im Dezember desselben Jahres verkauft.
Der Antragsgegner betrieb eine Versicherungsagentur. Außerdem war er Eigentümer diverser, in den neuen Bundesländern gelegener Mietobjekte, aus denen ihm steuerlich geltend gemachte Verluste entstanden. Ferner war er Eigentümer einer Wohnung und behauptete, diese selbst zu bewohnen.
Die Antragstellerin war gelernte Gymnastiklehrerin und hatte in der Zeit von 1971 bis 1973 als Sportlehrerin an einem Gymnasium gearbeitet. Sie erzielte seinerzeit brutto monatlich 1.130,00 EUR.
Die Parteien unterhielten bereits seinerzeit - Anfang der 70er Jahre - eine Beziehung. Dies führte dazu, dass die Antragstellerin im Anschluss an ihre Tätigkeit als Sportlehrerin an einem Gymnasium bis zum Jahre 1973 versuchte, eine adäquate Anstellung in der Nähe des Wohnortes des Antragsgegners zu finden. Da ihr dies nicht gelang, trat sie eine Stelle als Fachlehrerin an, wo sie bis zum Jahre 1977 Sport und pflegerische Gymnastik unterrichtete. Sodann zogen die Parteien im Haus der Eltern des Antragsgegners zusammen. Die Antragstellerin war in der Folgezeit sechs Monate lang arbeitslos. Sie lernte dann im Bekanntenkreis des Antragsgegners die Eigentümerin einer physiotherapeutischen Praxis kennen und entschloss sich dazu, eine Ausbildung als Motopädin zu absolvieren, um dann in der Praxis der Bekannten zu arbeiten. Tatsächlich war sie sodann bis zum Jahre 1982 als Motopädin in dieser Praxis tätig. Nach der Geburt des Sohnes kümmerte sie sich zunächst um Haushalt und Kind. Ab September 1987 arbeitete sie dann erneut als Motopädin in der Praxis, in der sie bereits zuvor tätig gewesen war. Zunächst arbeitete sie mit reduzierter Stundenzahl von 12 Stunden wöchentlich. Ab dem Jahre 1987 arbeitete sie zeitweise auch halbtags mit einem Bruttoverdienst von 900,00 EUR. Seit August 2008 arbeitete sie vollschichtig mit einem Nettoeinkommen i.H.v. 1.099,00 EUR monatlich.
Das erstinstanzliche Gericht hat die Ehe der Parteien mit Verbundurteil vom 19.3.2008 geschieden, den Versorgungsausgleich zugunsten der Antragstellerin durchgeführt, ihr einen Zugewinnausgleich i.H.v. 32.755,86 EUR sowie nachehelichen Unterhalt i.H.v. 1.321,00 EUR monatlich ab Rechtskraft der Scheidung zugesprochen. Dabei ging das erstinstanzliche Gericht davon aus, dass die Antragstellerin verpflichtet sei, vollschichtig zu arbeiten. Aufgrund dessen hat es bei ihr in die Unterhaltsberechnung ein Einkommen von 1.200,00 EUR eingestellt, jedoch keine Einkünfte aus dem zu zahlenden Zugewinnausgleich.
Im Übrigen vertrat das erstinstanzliche Gericht die Auffassung, der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin sei weder herabzusetzen noch zu befristen, denn die Verhältnisse der Parteien seien dadurch geprägt worden, dass der Antragsgegner einer beruflichen Tätigkeit nachgegangen sei, durch die er ein gesichertes und nicht unerhebliches Einkommen erzielt habe. Die Aufgabe der Antragstellerin habe im Wesentlichen in der Haushaltsführung und der Erziehung des Sohnes bestanden.
Gegen die Ausspruch in der Folgesache Nachehelichenunterhalt legte der Antragsgegner Berufung ein mit dem Ziel einer Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf 810,00 EUR monatlich und einer Befristung bis Ende des Jahres 2008.
Das Rechtsmittel des Antragsgegners hatte sowohl der Höhe nach als auch in Bezug auf die von ihm begehrte Befristung des Unterhaltsanspruchs teilweise Erfolg.
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, bei der Berechnung des Unterhaltsanspruchs sei einerseits von einem niedrigeren Einkommen der Antragstellerin auszugehen als in der angefochtenen Entscheidung, andererseits jedoch auch von einem deutlich niedrigeren Einkommen des Antragsgegners. Außerdem seien der Antragstellerin Zinseinkünfte aus der Zugewinnausgleichszahlung zuzurechnen.
Aufseiten des Antragsgegners sei ein Nutzungsvorteil von monatlich 285,00 EUR für das mietfreie Wohnen in der eigenen Wohnung zu berücksichtigen. Ferner sei die Unterhaltsverpflichtung des Antragsgegners ggü. seiner Tochter zu berücksichtigen, da sie der Antragstellerin im Rang vorgehe.
Aufseiten der Ehefrau legte das OLG bei der Unterhaltsberechnung ihr seit August 2008 erzieltes Einkommen aus vollschichtiger Erwerbstätigkeit i.H.v. netto 1.099,60 EUR zugrunde. Höhere Einkünfte seien ihr nicht zuzurechnen. Sie sei zwar grundsätzlich zur vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtet. Allerdings bestehe kein Anlass mehr, ein derartiges Einkommen zu schätzen, da die Antragstellerin vollschichtig tätig sei...