Leitsatz
Die Parteien stritten um den nachehelichen Unterhalt. Gegenstand des Verfahrens war die Verlängerung des Betreuungsunterhaltsanspruchs der Ehefrau im Hinblick auf die Betreuung des 17-jährigen Sohnes, der erhebliche schulische Probleme hatte und darüber hinaus strafrechtlich auffällig geworden war.
Sachverhalt
Die Parteien hatten am 11.3.1991 geheiratet. Aus ihrer Ehe war der auch im Jahre 1991 geborene Sohn hervorgegangen. Die Trennung der Parteien erfolgte im April 1997, seit dem 25.9.1999 waren die Parteien rechtskräftig geschieden. Im Jahre 2001 nahm die Ehefrau den geschiedenen Ehemann auf Zahlung von Ehegattenunterhalt in Anspruch. Das verfahren endete mit einer vergleichsweisen Regelung, wonach der Ehemann sich verpflichtete, für die Zeit ab Januar 2002 monatlich nachehelichen Unterhalt i.H.v. 859,80 EUR zu zahlen.
Im August 2003 erklärte sich die geschiedene Ehefrau mit einer Reduzierung des Unterhaltsbetrages ab Oktober 2003 of 533,00 EUR einverstanden.
Mit der im Jahre 2007 erhobenen Klage hat der Kläger die Abänderung des vorgenannten Unterhaltsvergleichs dahingehend begehrt, dass mit Wirkung ab Februar 2007 seine Unterhaltsverpflichtung entfalle.
Zur Begründung hat er ausgeführt, aufgrund des Alters des gemeinsamen Sohnes sei die Beklagte verpflichtet, vollschichtig zu arbeiten. Aus einer vollschichtigen Tätigkeit könne sie ein Nettoeinkommen von 1.600,00 EUR erzielen.
Die Beklagte hat Abweisung der Klage begehrt unter Hinweis darauf, dass sie einer vollschichtigen Tätigkeit nicht nachgehen könne, weil der gemeinsame Sohn zwischenzeitlich erhebliche Probleme mache, insbesondere auch strafrechtlich auffällig geworden sei.
Das erstinstanzliche Gericht hat über die Abänderungsklage zunächst im Wege des Teilurteils entschieden und der Klage in der Weise stattgegeben, dass es den Unterhaltsanspruch für die Zeit bis Dezember 2007 auf 533,00 EUR reduziert und für die Zeit ab Januar 2008 einen Unterhaltsanspruch verneint hat, da der gemeinsame Sohn nicht mehr betreungsbedürftig sei.
Hiergegen wandte sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie die Weiterzahlung des bisherigen Betrages bis September 2008 einschließlich begehrte.
Ihr Rechtsmittel hatte in vollem Umfang Erfolg.
Entscheidung
Anders als das erstinstanzliche Gericht kam das OLG zu dem Ergebnis, dass der Beklagten für den in der Berufungsinstanz noch im Streit stehenden Zeitraum von Januar bis September 2008 ein Unterhaltsanspruch noch zustehe.
Die Abänderungsklage sei zulässig, jedoch für den streitbefangenen Zeitraum nicht begründet. Eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse für den noch streitigen Unterhaltszeitraum sei nicht gegeben. Der Beklagten stehe auch unter der nunmehrigen Geltung des § 1570 BGB n.F. der im Vergleich geregelte Betreuungsunterhaltsanspruch zu.
Aus kindbezogenen Gründen entspreche vorliegend die Verlängerung des Betreuungsunterhaltsanspruchs bis einschließlich September 2008 der Billigkeit im Rahmen des § 1570 Abs. 1 BGB.
Unter "Belange des Kindes" seien solche in der Person des Kindes liegende konkret festzustellende Gründe zu verstehen, soweit diese eine weitere persönliche Betreuung durch einen Elternteil erforderten. Hierzu zählten etwa Krankheit, Schulschwierigkeiten, Entwicklungsstörungen, Verhaltensauffälligkeiten oder seelische Belastungen aufgrund der Trennung (vgl. BGH FamRZ 2006, 846, 847; 1362, 1367; W/St.-Pauling, Unterhaltsrecht, 7. Aufl. 2008, § 4 Rz. 68).
Die Beklagte habe substantiiert dargelegt, dass offenbar seit Mitte 2006 der gemeinsame Sohn der Parteien in erheblichem Umfang auffällig geworden sei, da er unstreitig eine Vielzahl von Fehlstunden in der Schule hatte und auch strafrechtlich in Erscheinung getreten sei.
Im Hinblick darauf, dass nach Nichterlangung eines Schulabschlusses das Bestreben der Beklagten nachvollziehbar darauf gerichtet gewesen sei, dem Sohn die Nachholung des Abschlusses zu ermöglichen und ihn gleichzeitig nicht auf die "schiefe Bahn" abdriften zu lassen, sei der Beklagten während des Jahres 2008 die Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit - jedenfalls in diesem konkreten Einzelfall - nicht zumutbar.
Die für die schulische Neuorientierung des Sohnes zu führenden Gespräche, zunächst mit Internaten und später, nachdem sich diese Möglichkeit zerschlagen hatte, mit anderen allgemein bildenden Einrichtungen, hätten nur tagsüber und in der Regel vormittags und nicht abends, nach Feierabend und am Wochenende geführt werden können. Eine vollschichtige Erwerbstätigkeit lasse sich hiermit jedenfalls nicht vereinbaren.
Hinzu komme, dass im Hinblick auf die strafrechtlichen Auffälligkeiten des Sohnes der Parteien es aus erzieherischen Gesichtspunkten in diesem konkreten Einzelfall kontraproduktiv gewesen wäre, wenn der Sohn in seinen Problemen nach Schulschluss zunächst alleine gelassen worden wäre, was zwangsläufig bei einer vollschichtigen Tätigkeit der Beklagten eingetreten wäre.
Da der Sohn der Parteien im August 2008 auf das Berufskolleg gewechselt sei, habe sich die Bek...