Leitsatz
Der Kläger begehrte Fortfall, hilfsweise Befristung, titulierten nachehelichen Unterhalts aufgrund der Gesetzesänderung ab Januar 2008. Das Schleswig-Holsteinische OLG hat sich in dieser Entscheidung mit den Voraussetzungen einer zeitlichen Befristung des Aufstockungsunterhalts nach einer Ehedauer von 32 Jahren auseinandergesetzt.
Sachverhalt
Die im Jahre 1972 geschlossene Ehe der Parteien war seit dem 12.4.2005 rechtskräftig geschieden. Im Scheidungsverbund hatte das Familiengericht den Kläger verurteilt, an die Beklagte nachehelichen Gesamtunterhalt von 843,00 EUR zu zahlen. Aus der Ehe war ein 1974 geborener Sohn hervorgegangen, der ab 1990 nicht mehr zu betreuen war. Der Kläger war früher Polizeihauptkommissar. Seit Mai 2008 war er pensioniert. Nach den Feststellungen des Verbundurteils hatte die Beklagte eine Ausbildung zur Musikinstrumentenkauffrau abgeschlossen und in diesem Beruf kurze Zeit bis zur Eheschließung im September 1972 bearbeitet. Danach arbeitete sie zunächst drei Tage in der Woche als Bürokraft. Mit der Geburt des Kindes im Jahre 1974 stellte sie diese Tätigkeit ein. Seit 1985 war sie im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung als Packerin und Sortiererin mit einem Einkommen zum Zeitpunkt der Scheidung von monatlich 400,00 EUR tätig.
Zum Zeitpunkt des Scheidungsurteils war sie Alleineigentümerin eines Hauses. Im Rahmen des Verbundurteils vom 27. Januar 2005 hat das Familiengericht der Beklagten nachehelichen Unterhalt von 843,00 EUR zugesprochen. Dabei wurde aufseiten der Beklagten ein monatliches Einkommen von 400,00 EUR zugrunde gelegt sowie ein Nettowohnwert von 620,79 EUR. Ferner hatte das erstinstanzliche Gericht seinerzeit festgestellt, dass der Beklagten wegen ihres Alters (damals 55 Jahre) eine Ausweitung ihrer Beschäftigung mit einem Einkommen von 400,00 EUR nicht zugemutet werden könne. Zur Frage der Befristung enthielt das Urteil keine Ausführungen.
Der Kläger begehrte mit der im Juli 2008 zugestellten Klage die Feststellung des Fortfalls der Unterhaltsverpflichtung ab 1.5.2008, hilfsweise Begrenzung dieser Verpflichtung.
Das Familiengericht hat der Klage unter Klageabweisung im Übrigen zu einem geringen Teil mit Rücksicht auf die verminderte Leistungsfähigkeit des Klägers aufgrund seiner Pensionseinkünfte stattgegeben und den titulierten Unterhalt mit Wirkung ab 1.5.2008 auf 792,00 EUR und ab 1.1.2009 auf 803,00 EUR reduziert.
Gegen diese Entscheidung wandte sich der Kläger mit der zulässigen Berufung.
Sein Rechtsmittel hatte teilweise Erfolg.
Entscheidung
Das OLG bejahte die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung von Aufstockungsunterhalt an die Beklagte.
Allerdings seien entgegen der Auffassung des Klägers bei ihr fiktive Einkünfte aus Vermietung nicht zu berücksichtigen. Insoweit sei der Kläger mit diesem Vortrag präkludiert (§ 323 Abs. 2 ZPO).
Die Beklagte sei bereits zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, auf der das Verbundurteil beruhte, Alleineigentümerin des fraglichen Hauses gewesen. Das Familiengericht habe fiktive Mieteinkünfte insoweit nicht berücksichtigt, sondern lediglich den eigenen Wohnwert der Beklagten. Die tatsächlichen Verhältnisse hätten sich seither nicht geändert.
Teilweisen Erfolg habe die Berufung aufgrund der Gesetzesänderung (§ 1578b BGB). Nach dem eingeholten arbeitsmedizinischen Gutachten vom 28.9.2009 sei die Beklagte aus gesundheitlichen Gründen nicht voll einsatzfähig.
Unabhängig von der Einschätzung des Sachverständigen sei davon auszugehen, dass die Beklagte wegen dieser Einschränkungen und wegen ihres Alters ab 2008 nur für eine Tätigkeit als ungelernte Arbeitskraft eine reale Beschäftigungschance habe. Sie sei seit 1985 als Sortiererin und Packerin tätig.
In ihrem erlernten Beruf oder als Bürokraft habe sie wegen ihres Alters und der Innovationen in diesem Berufsbild keine Chance, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten.
Nach den Feststellungen des Sachverständigen sei allenfalls eine Beschäftigung von 4 Stunden pro Tag zumutbar. Nach dem rechtskräftigen Verbundurteil vom 27.1.2005 habe die Beklagte sich auch nicht um eine anderweitige Beschäftigung bemühen müssen. Danach sei sie bis zum 31.12.2007 mit dem Einkommen von 400,00 EUR unterhaltsrechtlich ihrer Erwerbsobliegenheit nachgekommen.
Nach der Gesetzesänderung ab 1.1.2008 sei dieser Vertrauenstatbestand allerdings entfallen. Unterhaltsrechtlich sei die Beklagte an sich verpflichtet, sich um eine Beschäftigung als ungelernte Kraft mit einem höheren Einkommen zu bemühen. Angesichts der festgestellten Beschwerden und des Alters der Beklagten kam das OLG - ebenso wie das erstinstanzliche Gericht - zu dem Ergebnis, dass die Beklagte nur eine reale Beschäftigungschance für eine Tätigkeit als ungelernte Arbeitskraft mit 400,00 EUR monatlich habe. Rechnerisch ergebe sich somit keine Änderung des angefochtenen Urteils.
Einen Teilerfolg habe das Rechtsmittel des Klägers insoweit, als er die Befristung des durch das Familiengericht reduzierten nachehelichen Gesamtunterhalts begehre.
Bei der ...