Leitsatz
Geschiedene Eheleute stritten um den nachehelichen Unterhalt. Zentrales Problem dieser Entscheidung war die Frage der Begrenzung des Unterhalts wegen Krankheit im Hinblick auf die Vertrauensschutzregelung des § 36 Nr. 1 EGZPO.
Sachverhalt
Die im Jahre 1962 geborene Klägerin und der 1961 geborene Beklagte heirateten am 20.12.1985. Aus ihrer Ehe war eine gemeinsame Tochter hervorgegangen, die inzwischen volljährig war und studierte. Der Ehemann zahlte an sie monatlichen Unterhalt von 529,49 EUR. Die Ehe der Parteien wurde auf einen im Januar 1997 zugestellten Scheidungsantrag am 24.11.1998 geschieden. Mit Urteil vom gleichen Tage wurde der Beklagte erstmalig verurteilt, an die Klägerin einen nachehelichen Unterhalt i.H.v. 2.097,00 DM gemäß § 1572 BGB zu zahlen. Die Klägerin war psychisch erkrankt, wobei Ursachen, Umfang und Auswirkungen der Erkrankung zwischen den Parteien streitig waren. Ein Antrag der Klägerin auf Erwerbsunfähigkeitsrente war nach der Einholung eines Gutachtens abgelehnt worden.
Der Beklagte hatte aus einer neuen Beziehung zwei weitere minderjährige Kinder im Alter von sechs und sieben Jahren und war mittlerweile wieder verheiratet. Seine neue Ehefrau arbeitete Teilzeit und erzielte hieraus ein monatliches Einkommen von 480,00 EUR netto. Im Jahre 2004 erkrankte sie an Schilddrüsenkrebs. Nach einer Operation und anschließender Hormonbehandlung ergaben die bisherigen Nachuntersuchungen keinen weiteren Krebsbefund. Aufgrund der Krebserkrankung galt die neue Ehefrau des Beklagten als zu 80 % schwerbehindert.
Die Klägerin betrieb ggü. dem Beklagten ein Abänderungsverfahren mit dem Ziel einer Erhöhung des bislang titulierten Unterhalts. In diesem Verfahren wurde der Beklagte durch Urteil vom 14.2.2007 verurteilt, ab dem 1.7.2005 monatlichen Unterhalt i.H.v. 2.500,00 EUR zzgl. 243,61 EUR Krankenvorsorgeunterhalt an die Klägerin zu zahlen. Gegen dieses Urteil wurde Berufung eingelegt.
Tituliert war zuletzt Unterhalt gemäß Urteil des FamG vom 6.7.2001 i.H.v. 1.536,49 EUR sowie gemäß einstweiliger Anordnung in Höhe weiterer 243,61 EUR (Krankenvorsorgeunterhalt).
Mit Beschluss vom 8.8.2007 hat das Berufungsgericht im Wege der einstweiligen Anordnung die Zwangsvollstreckung insoweit vorläufig eingestellt, als ein monatlicher Unterhalt der Klägerin i.H.v. mehr als 826,10 EUR zzgl. 243,61 EUR Krankenvorsorgeunterhalt, mithin insgesamt 1.069,71 EUR, erstinstanzlich tituliert worden war. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung resultierte im Wesentlichen daraus, dass der Beklagte als Fußballtrainer seinen Arbeitgeber gewechselt hatte und dort ein Grundgehalt (zzgl. diverser Nebeneinkünfte) i.H.v. 3.500,00 EUR anstelle von vorher 11.000,00 EUR erzielte.
In der Hauptsache hat das Berufungsgericht einen Beweisbeschluss zur Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zur Frage der Erwerbsfähigkeit der Klägerin erlassen, der noch nicht ausgeführt war. Über den Einstellungsantrag entschied das OLG vorab.
Entscheidung
In seiner Entscheidung über den Einstellungsantrag des Beklagten verwies das OLG zunächst auf die Übergangsvorschriften in § 36 Nr. 1 und 2 EGZPO, wonach die Möglichkeit bestehe, die bestehende Unterhaltsregelung für die Zukunft abzuändern und an das geltende Recht anzupassen, soweit solche Veränderungen unter Berücksichtigung des Vertrauens der Betroffenen zumutbar seien. Eine Befristung eines nachehelichen Unterhaltsanspruchs wegen Krankheit sei bislang nicht zulässig gewesen und stelle sich auch als wesentliche Veränderung dar. Die Präklusionsvorschrift des § 323 Abs. 2 BGB finde keine Anwendung.
Im Rahmen der Reform des Unterhaltsrechts seien insbesondere auch die Begrenzungs- und Befristungsmöglichkeiten für unterhaltsrechtliche Verpflichtungen neu geregelt worden. Auch diesen Änderungen liege das allgemeine Ziel der Reform, die Eigenverantwortung der Eheleute nach der Scheidung zu stärken, zugrunde. Gemäß § 1578b Abs. 2 BGB sei der Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. § 1578b BGB gelte - im Gegensatz zum früheren Recht - für alle Unterhaltstatbestände, also auch für den Anspruch aus § 1572 BGB.
Maßgeblich sei, ob eine ehebedingte Bedürfnislage eingetreten sei. Zu berücksichtigen sei die eingetretene wirtschaftliche Abhängigkeit vom anderen Ehegatten, die aus einer Behinderung des Unterhaltsberechtigten durch die Ehe in seinem beruflichen Fortkommen resultiere. Ehebedingt sei ein derartiger Nachteil, wenn er nicht dem allgemeinen Lebensrisiko des betroffenen Ehegatten zugeordnet werden könne.
Die Klägerin habe ehebedingte Nachteile in ihrer beruflichen Entwicklung nicht konkret dargelegt. Nach Abschluss ihrer Ausbildung sei sie unstreitig nicht in dem erlernten Beruf tätig geworden, und zwar zu einem Zeitpunkt, als die Parteien noch nicht miteinander verheiratet waren....