Leitsatz
Im Jahre 1985 rechtskräftig geschiedene Eheleute stritten sich im Rahmen eines Abänderungsverfahrens um die Zahlung erhöhten nachehelichen Unterhalts, den die geschiedene Ehefrau geltend gemacht hatte.
Sachverhalt
Die Ehe der Parteien war am 19.9.1985 rechtskräftig geschieden worden. Mit damaligem Verbundurteil war der Ehemann zur Zahlung nachehelichen Unterhalts in Höhe von 764,65 DM verurteilt worden. Eine von der geschiedenen Ehefrau in der Folgezeit erhobene Abänderungsklage führte zur Verurteilung des geschiedenen Ehemannes durch Anerkenntnisurteil zur Zahlung nachehelichen Unterhalts in Höhe von 715,00 DM, somit einer geringfügigen Reduzierung. Der geschiedene Ehemann ist seit September 2001 in Rente, die im Verbundurteil und dem darauffolgenden Abänderungsverfahren noch bestehende Unterhaltsverpflichtung für den Sohn ist weggefallen. Die geschiedene Ehefrau bezieht noch keine Rente, außer der Unterhaltszahlung vonseiten ihres geschiedenen Ehemannes wird sie unregelmäßig durch ihren Sohn mit 200,00 EUR monatlich unterstützt. Sie lässt sich dahingehend ein, dass ein Hinzuverdienst ihr krankheitsbedingt nicht mehr möglich sei. Sie verlangt von dem geschiedenen Ehemann ab 1.4.2003 Zahlung nachehelichen Unterhalts von 653,20 EUR monatlich.
Das AG hat den PKH-Antrag der geschiedenen Ehefrau zurückgewiesen mit der Begründung, ihr Klagevorbringen sei mutwillig, sie sei "seit mindestens 17 Jahren" verpflichtet gewesen, durch eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit einen eigenen - bedarfsdeckenden - Rentenanspruch zu erwerben.
Die geschiedene Ehefrau hat gegen den ablehnenden PKH-Beschluss Beschwerde eingelegt, der in der Sache selbst teilweise Erfolg hatte. Das OLG hat der geschiedenen Ehefrau für die von ihr beabsichtigte Abänderungsklage Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit sie von ihrem geschiedenen Ehemann ab dem 1.4.2003 Ehegattenunterhalt in Höhe von 442,00 EUR verlangt.
Entscheidung
In dem Ausgangsurteil (Anerkenntnisurteil des AG v. 9.10.1993) wurde nach der Differenzmethode ein Unterhaltsanspruch der Ehefrau von 715,00 DM monatlich festgesetzt. Der Berechnung lag ein bereinigtes Erwerbseinkommen des Antragsgegners in Höhe von 2.144,00 DM und ein anrechenbares Einkommen der Antragstellerin in Höhe von 470,00 DM zugrunde. Der Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen gem. § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB errechnet sich unter Abzug des beiden Parteien zugebilligten Erwerbstätigenbonus mit jeweils 1.120,29 DM. Nach Abzug ihres anrechenbaren Einkommens ergab sich mithin ein ungedeckter Bedarf in Höhe von ca. 715,00 DM. Dies entsprach - im Verhältnis zum Gesamtbedarf - einer Quote von 63,82 %. Seinerzeit sei die geschiedene Ehefrau ungeachtet ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung noch in einem beschränkten Umfang als leistungsfähig anzusehen gewesen.
Der in dem Urteil aus dem Jahre 1990 titulierte Unterhaltsanspruch stelle sich allein als Aufstockungsunterhalt dar. Der geschiedenen Ehefrau stehen nach einer Verbesserung der maßgeblichen Einkommensverhältnisse des geschiedenen Ehemannes grundsätzlich ein Abänderungsgrund zu. Soweit sie sich darüber hinaus auf den krankheits- bzw. nachfolgend altersbedingten Wegfall des Hinzuverdienstes beruft, scheitert dies insoweit auf §§ 1572 Nr. 4, 1571 Nr. 3 BGB gestützte Klagebegehren daran, dass der (Teil)Unterhalt bereits nachhaltig gesichert war und es daher an einem Anschlusstatbestand fehlt.
Maßgebend für die Bemessung des der geschiedenen Ehefrau verbleibenden Anspruchs auf einen Teil des vollen Bedarfs (Aufstockungsunterhalt) ist die Quote des nach Maßgabe der ehelichen Lebensverhältnisse ungedeckten Bedarfs des Unterhaltsberechtigten in dem Zeitpunkt, in dem sein Unterhalt im Übrigen nachhaltig gesichert war. Vorliegend berechnet sich diese Bedarfsquote mit 63,82 %. Die vom erstinstanzlichen Gericht angenommene Pflicht der Antragstellerin zur Aufnahme einer "sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit" stehe im Widerspruch zu den bindenden Feststellungen im Ausgangsurteil; eine später eingetretene Verbesserung der Arbeitsfähigkeit der geschiedenen Ehefrau behauptet auch der geschiedene Ehemann nicht.
Zu dem von dem geschiedenen Ehemann vorgetragenen krankheitsbedingten Mehrbedarf fehlten nach Auffassung des OLG konkrete Darlegungen der durch den Elementarbedarf nicht mehr abgedeckten "besonderen Umstände".
Link zur Entscheidung
OLG Koblenz, Beschluss vom 07.03.2005, 11 WF 1064/04