Dr. Manuel Schütt, Rainer Hartmann
Auch wenn Dienstreisen reduziert werden, bleiben diese ein wichtiges Mittel für die Pflege von Kundenbeziehungen, die Verbesserung zwischenmenschlicher Beziehungen in standortübergreifenden Teams oder die Mitarbeiterbindung. Um sie nachhaltiger zu gestalten, können die Reiserichtlinien des Unternehmens überarbeitet werden. Hier kommt es nicht nur darauf an, wann ein Meeting tatsächlich vor Ort durchgeführt werden soll, sondern auch wie die Arbeitnehmer zu diesen Meetings kommen. Insofern können Regelungen wie "Zug vor Flug und Pkw" gewählt werden. Auch können Arbeitnehmer angewiesen werden, bei Dienstfahrten bestimmte Tempolimits einzuhalten (bspw. max. 120 km/h auf Autobahnen), um hierdurch Energie zu sparen und den CO2-Ausstoß zu verringern. Vom Grundsatz her ist eine Reiserichtlinie mitbestimmungsfrei, solange keine der Tatbestände des § 87 BetrVG vorliegen. Wann und unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitnehmer eine Dienstreise antreten kann oder muss, konkretisiert unmittelbar die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers und ist damit ebenfalls mitbestimmungsfrei.
Werden die Reisekosten nach erfolgter Dienstreise digital eingereicht, kann z. B. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG einschlägig sein. Eine Dienstreise kann zudem Arbeitszeit i. S. d. § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG sein. Deswegen sind Dienstreisen dann mitbestimmungspflichtig, wenn sie außerhalb der mit dem Betriebsrat vereinbarten betriebsüblichen Arbeitszeiten durchgeführt werden sollen. Ggf. empfiehlt es sich, die jeweiligen Themen in einer Reiserichtlinie zwischen mitbestimmungspflichtigen und nicht mitbestimmungspflichtigen Themen zu trennen.
Auch das Thema betriebliche Übung oder der Arbeitsvertrag können hier eine Rolle spielen. Bei der Gestaltung sollte deshalb darauf geachtet werden, dass diese Richtlinien jederzeit geändert oder widerrufen werden können.
Auch das Arbeitszeitgesetz ist bei Änderung der Reiserichtlinie zu beachten. Die arbeitszeitrechtliche Behandlung von Dienstreisen ist unabhängig von der Frage der Vergütungspflicht zu beantworten. Eine Umstellung des Vorrangs von Zug vor Pkw kann z. B. bei Außendienstmitarbeitern positive Auswirkungen auf die tatsächliche Arbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz haben und neue Spielräume eröffnen. Gerade Reisen mit der Bahn können aufgrund der sog. Beanspruchungstheorie zu einer erleichterten Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes führen, sofern die Mitarbeiter während der Bahnfahrt nicht zusätzlich noch arbeiten. Das aktuelle Thema der Aufzeichnungspflicht entfällt dadurch selbstverständlich nicht.