Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Senat folgt nunmehr der h.M., dass nur konkrete und objektive Beeinträchtigungen nicht ganz unerheblicher Art als "Nachteil" angesehen werden können
Normenkette
§ 5 Abs. 1 und 2 WEG, § 14 Nr. 1 WEG, § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG, § 242 BGB
Kommentar
1. Nachteil im Sinne der § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG, § 14 Nr. 1 WEG ist nicht schon jede - nicht ganz unerhebliche - Veränderung des optischen Gesamteindruckes einer Wohnungseigentumsanlage, sondern nur eine solche, die sich objektiv nachteilig auf das äußere Bild auswirkt (Anschluss an BGH, NJW 1992, 978 = ZMR 92, 167 unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung des Senats NJW-RR 1987, 1358 = ZMR 87, 435 und OLGZ 1989, 181, 182 = ZMR 89, 228).
Der Senat hat früher die Ansicht vertreten, dass nicht darauf abzustellen sei, ob eine erhebliche Veränderung des optischen Eindrucks, der architektonischen oder ästhetischen Gestaltung eines Bauwerkes nach dem Urteil des Gerichts als ästhetisch geglückt anzusehen ist oder nicht. Dies könne nicht der subjektiven Ansicht des Tatrichters überlassen bleiben. Vielmehr erfordere der Schutz der Eigentümer, nicht ganz unerhebliche Veränderungen des optischen Eindrucks der Gesamtanlage schlechthin von ihrer Zustimmung abhängig zu machen, mag die beabsichtigte Veränderung von einem Teil der Betrachter auch als nicht nachteilig oder gar vorteilhaft empfunden werden.
Demgegenüber erachtet die wohl heute herrschende Rechtsmeinung nicht bereits jede Änderung des architektonischen Erscheinungsbildes als einen "Nachteil"; gefordert wird darüber hinaus die nicht ganz unerhebliche nachteilige Veränderung des optischen Gesamteindruckes der Wohnanlage, so dass der Tatrichter im Einzelfall nach objektiven Maßstäben beurteilen muss, ob die bauliche Veränderung das optische Bild des Gebäudes in ästhetischer Hinsicht tatsächlich verschlechtert oder gar verunstaltet. Der Senat folgt nunmehr der Auffassung des BGH (NJW 1992, 978) und insbesondere der Rechtsprechung des BayObLG. Nur konkrete und objektive Beeinträchtigungen können als Nachteil gelten; desweiteren ist darauf abzustellen, dass von einer nachteiligen Veränderung des optischen Gesamteindruckes zu sprechen ist.
2. Im vorliegenden Fall musste zum Zwecke weiterer Feststellungen durch beide vorausgegangenen Tatsacheninstanzen die Streitsache an das Amtsgericht zurückverwiesen werden, da durch den betroffenen Eigentümer geltend gemacht wurde, dass sich sein Wintergarten in keiner Weise objektiv nachteilig auf das optische Bild des Gebäudes auswirke, sondern den Gesamteindruck verbessere.
Link zur Entscheidung
( OLG Zweibrücken, Beschluss vom 21.09.1999, 3 W 141/99= ZMR 12/1999, 855)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Vgl. auch OLG Schleswig, Beschluss vom 27. 1. 1999 (DWE 3/1999, 130): "Nachteilig ist eine Veränderung des optischen Gesamteindrucks nur dann, wenn sie objektiv nachteilig wirkt, eine Verschlechterung und damit eine Beeinträchtigung bedeutet, oder wenn sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann (BGHZ 116, 392)."