Normenkette

§ 14 Nr. 1 WEG, § 15 Abs. 3 WEG, § 16 Abs. 3 Halbsatz 2 WEG, § 22 Abs. 1 WEG, § 242 BGB

 

Kommentar

1. Wenn die Wohnungseigentümer entgegen der Zweckbestimmung in der Teilungserklärung die Nutzung eines Teileigentums (Speichers) zu Wohnzwecken dulden müssen, weil sie diese Nutzung jahrelang widerspruchslos hingenommen haben, müssen sie nicht auch eine aus öffentlich-rechtlichen Gründen zu dieser Art der Nutzung erforderliche bauliche Veränderung (hier: nachträglicher Einbau einer Dachgaube im Treppenhausbereich) hinnehmen, sofern ihnen dadurch ein Nachteil entsteht, der über denjenigen hinausgeht, welcher mit der Nutzung des Teileigentums zu Wohnzwecken als solcher verbunden ist.

Der Umstand, dass antragstellende Eigentümer die Vermietung von Dachgeschossräumen dulden müssen, begründet nicht deren Verpflichtung, zur Aufrechterhaltung dieses Zustands nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften gebotene bauliche Veränderungen des gemeinschaftlichen Eigentums hinzunehmen, jedenfalls dann nicht, wenn damit für die Antragsteller weitere Nachteile verbunden sind, als sie sich aus der Vermietung der Räume zu Wohnzwecken als solcher ergeben. Dies sind zwar aufgrund des § 16 Abs. 3 WEG nicht Kostenbeteiligungsgründe (BayObLG, NJW 1981, 690/691; Demharter MDR 1988, 265/266 in Abweichung zu BayObLG Z 75, 201/206).

2. Eine erhöhte Reparaturanfälligkeit des gemeinschaftlichen Eigentums, die durch eine bauliche Veränderung verursacht ist, stellt jedoch unabhängig davon, wer die Reparaturkosten zu tragen hat, einen über das unvermeidliche Maß hinausgehenden Nachteil dar.

3. Da insoweit das LG noch Feststellungen zu treffen hat, wurde die Sache an das LG zurückverwiesen, auch zum Zweck der Klärung, ob ein weiterer Nachteil durch den Dachgaubenfenstereinbau dadurch eingetreten sei, dass sich der ästhetische Gesamteindruck (Störung der Harmonie) nachteilig verändert habe (die bei den Akten befindlichen Lichtbilder rechtfertigen nicht eine Feststellung des Senats, dass mit dem Einbau der Dachgaube ein Nachteil in diesem Sinne verbunden sei).

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 09.06.1988, BReg 2 Z 54/88)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Dieser Entscheidung muss zugestimmt werden; eine Verpflichtung der Eigentümer, eine Nutzungsänderung eines Sondereigentums dulden zu müssen, bedeutet noch keinen Zwang, auch mit der Zweckänderung verbundene (wenn auch ggf. behördlich bedingte), u. U. nachteilige bauliche Veränderungen hinnehmen zu müssen, selbst wenn dadurch ggf. die gesamte Zweckänderungsmaßnahme scheitern sollte. Einer solchen Argumentation schloß sich allerdings seinerzeit das OLG Düsseldorf ( OLG Düsseldorf, Beschluss v. 14. 10. 1985, Az.: 3 W 300/84) in einem ähnlich gelagerten Fall nicht an (vgl. S. 371 mit kritischer Anm. des Verfassers); dort mussten in Erfüllung baurechtlicher Auflagen zum Zwecke eines Speicherausbaus zu Wohnzwecken (zivilrechtlich vereinbart) Dachflächenfenster vergrößert und Laufstege mit Abgangsstufen (Schaffung von Fluchtwegen) auf einem Dach angebracht werden; in eigener Würdigung kam dort das Gericht zu dem diesseits überraschend empfundenen Ergebnis, dass § 21 Abs. 3 WEG nur durch das Verbot wesentlicher Veränderungen begrenzt werde (!) und dort auch nicht der architektonisch-ästhetische Gesamteindruck der Anlage negativ beeinflusst worden sei (!); maßgeblich sei hier u. a. auch, daß die Eigentümer gemäß Vereinbarung gehalten seien, die Nutzung der Speicherräume als Aufenthaltsräume zu dulden. I. ü. schütze widersprechende Eigentümer, was die Befürchtung vorzeitiger Bauschäden an geänderten Bauteilen beträfe, die Bestimmung des § 21 Abs. 6 WEG analog.

In der Düsseldorfer Entscheidung wurden die unterlegenen Eigentümer unverständlicherweise auch mit der Erstattung außergerichtlicher Kosten belastet. Als Novum zu werten ist, dass das OLG Düsseldorf über 2 1/2 Jahre später diese Kostenentscheidung durch neuerlichen Beschluss wegen offensichtlicher Unrichtigkeit revidierte und berichtigte ( OLG Düsseldorf, Beschluss v. 10. 2. 1988, 3 W 300/84).

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