Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Duldungspflicht baulicher Veränderungen am Speicherraum bei jahrelanger Duldung der Nutzung desslben zu Wohnzwecken
Verfahrensgang
LG Schweinfurt (Entscheidung vom 07.04.1988; Aktenzeichen 2 T 8/87) |
AG Bad Kissingen (Entscheidung vom 30.01.1987; Aktenzeichen UR II 24/86) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluß des Landgerichts Schweinfurt vom 7. April 1988 mit Ausnahme der Geschäftswertfestsetzung aufgehoben.
II. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5 000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller und die Antragsgegnerin sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Das Wohnungseigentum wurde durch Teilung seitens der Antragsgegnerin als früherer Alleineigentümerin des Grundstücks im Jahr 1978 geschaffen. Die Antragsgegnerin ist jetzt Teileigentümerin von zwei Dachgeschoßräumen und eines Kellerraums, die seit 1972 als Wohnungen vermietet sind.
Am 7.4.1986 baute die Antragsgegnerin im Treppenhausbereich eine Dachgaube ein, um die öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen für eine Vermietung der Dachgeschoßräume zu Wohnzwecken zu schaffen.
Die Antragsteller haben beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Dachgaube zu beseitigen und den früheren Zustand wieder herzustellen sowie ihr zu verbieten, die Dachgeschoßräume zu Mietzwecken zu nutzen. Das Amtsgericht hat am 30.1.1987 dem auf Beseitigung und Wiederherstellung gerichteten Antrag stattgegeben, im übrigen den Antrag abgewiesen. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 7.4.1988 die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen und auf die Anschlußbeschwerde der Antragsteller die Kostenentscheidung des Amtsgerichts geändert. Gegen diesen Beschluß richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin.
II.
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die Errichtung der Dachgaube führe zu einer nicht unerheblichen Veränderung der Außenfassade und sei nicht als Instandhaltungsmaßnahme anzusehen. Nicht zu beanstanden sei die Auffassung des Amtsgerichts, daß es wegen des Dachaufbaus und der damit verbundenen Veränderung der Dachgliederung zu einem Mehranfall von Reparaturen kommen könne.
Das Beseitigungsverlangen verstoße nicht gegen Treu und Glauben und sei auch nicht rechtsmißbräuchlich. Bei den Dachgeschoßräumen handle es sich um nicht zu Wohnzwecken dienende Räume. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Antragsteller gleichwohl eine Vermietung der Dachgeschoßräume deshalb dulden müßten, weil die Räume seit vielen Jahren vermietet seien. Jedenfalls müßten sie in diesem Zusammenhang nicht unerhebliche Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum nicht dulden. Daran ändere nichts, daß die Antragsgegnerin auf die Mieteinkünfte angewiesen sei.
Es gehe nicht darum, den vorhandenen Zustand an die Erfordernisse des öffentlichen Baurechts anzupassen; vielmehr solle ein Fehler der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit der beabsichtigten Nutzung behoben werden.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Der Anspruch der Antragsteller auf Beseitigung der Dachgaube und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands ist gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB dann begründet, wenn es sich bei der Errichtung der Dachgaube um eine bauliche Veränderung handelt, welche die Rechte der Antragsteller über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt und deshalb nicht ohne ihre Zustimmung hätte vorgenommen werden dürfen (§ 22 Abs. 1 WEG), es sei denn, sie haben die Maßnahme aus anderen Gründen zu dulden (§ 1004 Abs. 2 BGB).
a) Zu Recht gehen die Vorinstanzen davon aus, daß es sich bei dem Einbau der Dachgaube um eine bauliche Veränderung handelt, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung hinausgeht (§ 22 Abs. 1 Satz 1 WEG).
Eine bauliche Veränderung braucht gemäß § 22 Abs. 1 WEG bereits dann nicht geduldet zu werden, wenn durch sie das Recht eines Wohnungseigentümers über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt wird. Unter einem Nachteil im Sinn des § 14 Nr. 1 WEG ist jeder nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung, zu verstehen (BayObLG NJW-RR 1987, 1357). Diese Grundsätze erfahren hier gemäß § 242 BGB eine Einschränkung allenfalls dahingehend, daß Beeinträchtigungen, die sich aus der Vermietung als solcher ergeben, nicht zu berücksichtigen sind. Dies gilt allerdings nur dann, wenn unterstellt wird, daß die Antragsteller die Vermietung der Dachgeschoßräume als solche dulden müssen, weil sie die jahrelange Vermietung trotz der anders lautenden Zweckbestimmung in der Teilungserklärung hingenommen haben. Eine Verpflichtung hierzu ergibt sich daraus, daß der Antrag, der Antragsgegnerin die Vermietung der Dachgeschoßräume zu verbieten, recht...