Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 10 WEG, § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG, § 242 BGB, Bay. Unschädlichkeitszeugnisgesetz
Kommentar
1. Ein Bauträger-Verkäufer erwähnte in seiner Teilungserklärung, dass er die Miteigentumsquoten in exakte Relation zu den Wohn- bzw. Nutzflächen der Wohnungen gesetzt habe, wobei Balkon- bzw. Terrassenflächen mit 1/2 der Nutzfläche berechnet worden seien. In Wirklichkeit hatte er jedoch irrtümlich die Terrassenflächen mit der vollen Nutzfläche angesetzt, somit auch die Miteigentumsquoten der Terrassenwohnungen entsprechend erhöht.
Die Ungleichheit des Flächenansatzes und der Quotenberechnung merkte ein Terrassenwohnungs-Zweiterwerber nach einigen Jahren; auf seinen Vorhalt beim ursprünglichen Bauträger-Verkäufer bestätigte dieser gegenüber sämtlichen Eigentümern, dass er sich in diesem Falle geirrt habe und tatsächlich der Quotenansatz bei den Terrassenwohnungen überhöht sei. In Anbetracht dieser Erklärung beantragte der Terrassenwohnungserwerber, die restlichen Eigentümer zu verpflichten, einer Quotenberichtigung zuzustimmen, da er im Verhältnis zu anderen Eigentümern ständig erhöhte Kosten und Lasten (auch Sonderumlage-Anteile) zu tragen habe, die vereinbarungsgemäß nach Quoten aufgeteilt würden.
2. Das AG München wies die Anträge, insbesondere unter Hinweis auf § 242 BGB (Treu und Glauben) zurück (zu geringfügige Quotenverschiebung, Bestandsschutz der ursprünglichen Festlegung), das LG München I gab demgegenüber den Anträgen ebenfalls unter Hinweis auf § 242 BGB statt, wobei es auch zu dem Ergebnis gelangte, dass im konkreten Fall der geringfügigen Quotenverschiebungen Realgläubiger von Wohnungseigentum entgegen der §§ 877, 876 BGB einer Verkleinerung der Miteigentumsanteile einzelner Wohnungen nicht zustimmen müssten, da im vorliegenden Fall insoweit das Grundbuchamt München gehalten sei, entsprechend Art. 120 EGBGB davon auszugehen, dass die Rechtsänderung die dinglich Berechtigten nicht erheblich beeinträchtige (vgl. Unschädlichkeitszeugnisgesetz Bay BS III, 124; BayObLG MitBayNot 1981, 136).
3. Das BayObLG hat auf Rechtsbeschwerde eines Antragsgegners die landgerichtliche Entscheidung aufgehoben und die Meinung des AG bestätigt, dabei u.a. folgenden Grundsatz herausgestellt: Ein Wohnungseigentümer habe nur dann Anspruch auf Änderung der Miteigentumsquote, wenn Umstände vorlägen, die ein Festhalten an der Quotenverteilung als grob unbillig und deshalb als einen Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen ließen (hier verneint bei Fehler der Berechnung von Terrassen-Nutzflächen).
Der Antragsteller wusste oder hätte bei Erwerb der Wohnung nach Meinung des Gerichts von dem Quotenfehler wissen können. Es komme auch nicht auf die Art des Zustandekommens der Quoten an. Das Ausmaß der Verbesserung für den Antragsteller sei im konkreten Fall auch sehr gering. Wohnungseigentümer könnten nur durch Vereinbarung (im Wege der Auflassung) die Größe ihrer Miteigentumsanteile ändern; einer gleichzeitigen Änderung des Sondereigentums bedürfe es dann hierbei nicht; Miteigentumsanteile seien insofern eine variable Größe; für die Quotenfestlegung bestehe allerdings kein gesetzlicher Zwang. Änderungsansprüche könnten sich aus dem Gemeinschaftsverhältnis ergeben (als einem besonderen Schuldverhältnis unter den Wohnungseigentümern mit innewohnenden Schutz- und Treuepflichten).
4. Deshalb sei der gestellte Anspruch auch zu Recht im wohnungseigentumsgerichtlichen Verfahren geltend gemacht worden; maßgebend für die Zulässigkeit dieser Verfahrensart sei die Frage, welches Begehren gestellt sei; im vorliegenden Fall ergäben sich Ansprüche aus dem erwähnten Gemeinschaftsverhältnis (vgl. schon BayObLG v. 22.3.1984, BReg 2 Z 104/83). In einem anderen Fall sei allerdings eine Quotenberichtigung bejaht worden (vgl. OLG Frankfurt, Rechtspfleger 78, 380).
5. Auch wenn nur ein Antragsgegner Rechtsbeschwerde eingelegt habe, so könne im vorliegenden Fall die Entscheidung über die Änderung der Miteigentumsquoten nur gegenüber allen Beteiligten einheitlich ergehen.
6. Selbst bei eingestandenem Fehler des Bauträgers bezüglich der ursprünglichen Quotenfestlegung sei ein Festhalten an der bestehenden Quotenverteilung kein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben; das Änderungsbegehren könne auch nicht auf Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gestützt werden.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 24.01.1985, BReg 2 Z 63/84)
Zu Gruppe 3: Begründung, Erwerb und Veräußerung; Uamwandlung