Normenkette

§ 14 Nr. 1 WEG, § 16 Abs. 3 WEG, § 22 Abs. 1 WEG

 

Kommentar

Eigentümer hatten den Mehrheitsbeschluss gefaßt, Wärmemengenzähler zur Vorerfassung des Wärmeverbrauchs eines mitversorgten Nachbargrundstückes einzubauen. Auf Anfechtung eines Eigentümers hin erklärten die beiden Vorinstanzen den Beschluss für ungültig, da er nicht einstimmig gefaßt worden sei. Im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG handle es sich bei dem beschlossenen Einbau der Zähler um Aufwendungen, die nicht der Instandhaltung oder Instandsetzung dienten. Auch aus § 5 Abs. 2 Satz 2 der Heizkostenverordnung ergebe sich kein Zwang für die Anschaffung der Wärmemengenzähler.

Das BayObLG hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf, wies die Anfechtungen zurück und bestätigte damit den Versammlungsbeschluss der Eigentümer. Die Antragsteller seien durch die beschlossene Maßnahme nicht im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG beeinträchtigt. Bei der Beschlussfassung sei es nur um den Einbau der Wärmemengenzähler gegangen. Es sei nicht zugleich auch beschlossen worden, dass künftig auf der Grundlage des durch die Wärmemengenzähler gemessenen Verbrauchs abzurechnen sei. Durch den Einbau der Zähler werde aber kein Wohnungseigentümer beeinträchtigt.

Durch den Einbau verursachte Kosten schieden als Beeinträchtigung und Nachteil aus, weil ein Wohnungseigentümer, der einer Maßnahme nach § 22 Abs. 1 WEG nicht zustimme, die durch eine solche Maßnahme verursachten Kosten nicht zu tragen habe ( § 16 Abs. 3, 2. Halbsatz WEG).

Der Beschluss verstoße also nicht gegen § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 10.09.1987, BReg 2 Z 90/87)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung :

Es scheint sich nunmehr die Meinung des BayObLG zu verfestigen, dass auch über bauliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums im Grenzbereich zu modernisierenden Instandsetzungen gültige Mehrheitsbeschlüsse dann zu fassen sind, wenn andere Eigentümer durch die Maßnahmen nicht im Sinne des § 14 WEG beeinträchtigt sind, wobei das Argument einer anteiligen Kostentragungspflicht als möglicher Nachteil durch die gesetzliche Regelung des § 16 Abs. 3 ausscheidet.

Sollte dies so richtig sein, müsste in Zukunft zwischen baulichen Veränderungen und modernisierenden Instandsetzungen nicht mehr nach Abgrenzungskriterien gesucht werden, da eben allein im Mehrheitsbeschlussfalle die änderungswilligen Eigentümer solche Maßnahmen zu finanzieren hätten. Bei jeder Beschlussfassung müssten dann namentlich genau die Gegenstimmen erfasst werden; es müsste den Eigentümern auch vor Abstimmung klargemacht werden, dass allein die positiv abstimmenden Eigentümer im Falle des Zustandekommens eines unangefochten bleibenden Mehrheitsbeschlusses die Maßnahme zu finanzieren hätten. Ein solcher Hinweis dürfte allerdings "den Mut" zu oftmals sicher vernünftigen Modernisierungen in Zukunft ganz erheblich bremsen (wenn sich der Finanzierungsaufwand im Falle der Bestandskraft eines solchen Modernisierungsbeschlusses nicht auf alle Eigentümer verteilen sollte).

In einem Beschlussantrag über eine Modernisierungsmaßnahme (Grenzfall zwischen nicht anderweit beeinträchtigender baulicher Veränderung und wirtschaftlich vernünftiger Instandsetzungsmaßnahme) könnte und sollte deshalb zukünftig ausdrücklich die Kostenbeteiligungspflicht der gegen eine Maßnahme stimmenden Eigentümer ausgeschlossen werden. Dann wäre m.E. direkt dem Gedanken des § 16 Abs. 3 WEG Rechnung getragen, sodass mancher Beschluss nach § 22 Abs. 1 WEG mangels anderweitiger Nachteilswirkungen bestandskräftig werden könnte (z. B. auch zum nachträglichen Breitbandkabel-Fernsehanschluß).

Bisher riskieren in der Praxis noch viele Gemeinschaften bauliche Veränderungsbeschlüsse (im Grenzbereich modernisierender Instandsetzungen) gerade deshalb, weil man nicht mit Beschlussanfechtungen rechnet, gleichzeitig bei bestandskräftigem Beschluss allerdings auch von einer gemeinschaftlichen Finanzierung durch alle Eigentümer ausgeht. Die Bindungswirkung eines unangefochten gebliebenen Beschlusses auch für überstimmte Eigentümer nach § 10 Abs. 4 WEG war und ist gerade die Triebfeder für solche Beschlüsse, die nunmehr in Zukunft seltener werden dürften, wenn nach der neuerlichen Rspr. des BayObLG dem § 10 Abs. 4 WEG nicht rechtlich Vorrang eingeräumt wird gegenüber § 16 Abs. 3, 2. Halbsatz WEG (vgl. schon BayObLG, Entscheidung v. 27. 2. 1986, Az.: BReg 2 Z 99/85und BayObLG, Entscheidung v. 4. 12. 1986, Az.: 2 Z 40/86mit kritischer Anmerkung; in gleicher Weise kritisch Müller WEZ 2/87, 84 und Seuß WE 5/87, 157).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?