Katharina Haslach, Birgit Zimmermann
Rz. 70
§ 5 Abs. 2 EFZG enthält nur in Satz 6 insofern einen Hinweis auf die Nachweispflichten, als dort die Geltung des § 5 Abs. 1 Satz 5 EFZG verneint wird. Bereits daraus wird erkennbar, dass die ansonsten fehlende Regelung nicht den Schluss zulässt, dass den Arbeitnehmer bei einer Erkrankung im Ausland keine Nachweispflichten treffen. Vielmehr ist hier § 5 Abs. 1 Satz 2 bis 4 EFZG anzuwenden. Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und folglich die bloße Feststellungspflicht für gesetzlich versicherte Arbeitnehmer gelten nicht; schließlich nehmen die im Ausland ansässigen Ärzte nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teil.
6.2.1 Inhalt und Form der Nachweispflichten/Zeitpunkt der Vorlage
Rz. 71
Hinsichtlich des Inhalts der Nachweispflicht gilt nichts anderes als bei einer Erkrankung im Inland. Der Vermerk des behandelnden Arztes bei Mitgliedern einer gesetzlichen Krankenversicherung, dass er der Krankenkasse unverzüglich eine Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit mit Angaben über den Befund und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit übersendet, ist dagegen nicht erforderlich (§ 5 Abs. 2 Satz 6 EFZG).
Auch hier sind besondere Formvorschriften nicht zu beachten. Insbesondere ist es nicht erforderlich, dass die Bescheinigung in deutscher Sprache abgefasst ist.
Da § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG vollständig Anwendung findet, muss die Bescheinigung grundsätzlich am vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit dem Arbeitgeber vorliegen. Der Arbeitgeber kann auch die frühere Vorlage gem. § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG verlangen. Angesichts der typischerweise längeren Beförderungszeiten aus dem Ausland – wenn nicht die Möglichkeit einer Fax-Übertragung besteht – ist jedoch die Vorlage am vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit oft vom Arbeitnehmer nicht zu bewerkstelligen. Dem Arbeitnehmer ist dann kein Verschuldensvorwurf zu machen, sodass dem Arbeitgeber auch kein Leistungsverweigerungsrecht zustehen dürfte (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 7 Abs. 2 EFZG). Allerdings behält das Verlangen des Arbeitgebers insofern seinen Sinn, als die Arbeitsunfähigkeit bereits ab dem ersten Tag zu bescheinigen ist, auch wenn die Vorlage der Bescheinigung erst später erfolgt.
Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als bescheinigt, muss der Arbeitnehmer eine Folgebescheinigung vorlegen, § 5 Abs. 1 Satz 4 EFZG.
6.2.2 Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus dem Ausland
Rz. 72
Auch der im Ausland erkrankte Arbeitnehmer wird i. d. R. seine Arbeitsunfähigkeit durch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachweisen. Es ist ihm aber unbenommen, durch andere Beweismittel die Tatsachen zu beweisen, die belegen, dass krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorlag. Das Fehlen einer förmlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat nicht zur Folge, dass dem Arbeitnehmer allein deshalb kein Anspruch nach § 3 Abs. 1 EFZG zusteht. Etwas anderes folgt auch nicht aus § 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG.
Legt der Arbeitnehmer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aus dem Ausland vor, war der Beweiswert derartiger Bescheinigungen lange Zeit umstritten. Letztendlich ist nunmehr danach zu unterscheiden, ob die Bescheinigung aus einem Land der Europäischen Union oder einem sonstigen Staat stammt.
Rz. 73
Außerhalb der Europäischen Union ausgestellten Bescheinigungen kommt im Allgemeinen der gleiche Beweiswert zu wie einer im Inland ausgestellten Bescheinigung. Die Bescheinigung muss jedoch erkennen lassen, dass der ausländische Arzt zwischen einer bloßen Erkrankung und einer mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen Krankheit unterschieden und damit eine den Begriffen des deutschen Arbeits- und Sozialversicherungsrechts entsprechende Beurteilung vorgenommen hat. Der Arbeitgeber kann deshalb die Richtigkeitsvermutung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dadurch erschüttern, dass er Umstände darlegt, die dafür sprechen, dass dem Arzt die für das deutsche Entgeltfortzahlungsrecht wesentliche Unterscheidung zwischen Krankheit und Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung des Entgeltfortzahlungsanspruchs nicht hinreichend bekannt war bzw. er eine entsprechende Unterscheidung nicht vorgenommen hat.
Rz. 74
Anders verhält es sich bei einer innerhalb der Europäischen Union ausgestellten Bescheinigung:
In seinem als "Paletta I" bekannt gewordenen Urteil stellte der Europäische Gerichtshof (EuGH) fest, dass der Arbeitgeber in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht an die ärztlichen Feststellungen über den Eintritt und die Dauer der Arbeitsunfähigkeit in einer Arbeitsunfähigkeitsbesche...