Katharina Haslach, Birgit Zimmermann
Rz. 24
Kann in einem Betrieb witterungsbedingt nicht gearbeitet werden, so besteht für den Arbeitnehmer nur nach den allgemeinen Regeln des Leistungsstörungsrechts ein Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts (z. B. aus § 615 BGB). Tritt ein Feiertag während des witterungsbedingten Ausfalls hinzu, entstünde die widersprüchliche Situation, dass der Arbeitnehmer weder nach § 615 Satz 3 BGB noch nach § 2 Abs. 1 EFZG einen Zahlungsanspruch hätte: Denn beides ist jeweils nicht allein maßgeblich für den Ausfall der Arbeitszeit. Zutreffend ist es jedoch, weniger auf den Wortlaut des § 2 Abs. 1 EFZG ("Für Arbeitszeit, die .... ausfällt") abzustellen als vielmehr darauf, dass dem Arbeitnehmer trotz ausfallender Arbeitszeit ein Vergütungsanspruch zusteht. Dieser entfällt nun allein deshalb, weil zum witterungsbedingten Ausfall der Arbeitszeit der Feiertag hinzutritt. Deshalb steht dem Arbeitnehmer ein Anspruch aus § 2 Abs. 1 EFZG zu. Hat der Arbeitnehmer dagegen ohnehin keinen Vergütungsanspruch, so steht ihm auch keine Entgeltfortzahlung wegen des Feiertags zu. Das ist z. B. der Fall, wenn er wegen der Witterung den Arbeitsplatz gar nicht erst erreicht. Ein Anspruch nach § 616 BGB scheidet aus, da das Leistungshindernis nicht in der Person des Arbeitnehmers begründet ist.
Möglich ist auch, dass eine tarifvertragliche Sonderregelung besteht. So bestimmt § 4 Nr. 6.1 des allgemeinverbindlichen Bundesrahmentarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmer des Bauhauptgewerbes (BRTV-Bau) vom 28.9.2018, in Kraft getreten am 1.1.2019 in der Fassung vom 5.11.2021 und 10.11.2022, dass ein Lohnanspruch nicht besteht, wenn die Arbeitsleistung ausschließlich durch zwingende Witterungsgründe unmöglich wird. Dennoch muss der Arbeitgeber nach § 4 Nr. 6.1 BRTV-Bau Lohnausfall für gesetzliche Wochenfeiertage auch dann leisten, wenn die Arbeit an diesen Tagen witterungsbedingt ausgefallen wäre.
Ein Arbeitnehmer kann wegen einer Überschwemmung seines Heimatortes vom 28.4. bis 3.5. den Betrieb nicht erreichen.
Hier ist der Arbeitnehmer zwar unverschuldet für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit an seiner Arbeitsleistung verhindert, dennoch hat er gegen seinen Arbeitgeber keinen Vergütungsanspruch aus § 616 Satz 1 BGB, weil die Vorschrift voraussetzt, dass der Grund der Verhinderung "in seiner Person" liegen muss. Da aber auch andere Personen von der Überschwemmung betroffen sind, scheitert ein Anspruch. Folglich hat der Arbeitnehmer auch keinen Anspruch auf Feiertagsvergütung nach § 2 Abs. 1 EFZG, weil der Feiertag nicht die alleinige Ursache für den Arbeitsausfall ist.
Anders sähe der Fall aus, wenn die Überschwemmung bereits am 30.4. zurückgegangen oder erst am 2.5. aufgetreten wäre.