Leitsatz

Nicht erstattungsfähige Kopiekosten von Prozessunterlagen in größerer Wohnungseigentümergemeinschaft

 

Normenkette

§§ 20 ff. WEG; § 91 ZPO; § 27 BRAGO

 

Kommentar

  1. Zur Wahrnehmung der Rechte einer großen Wohnungseigentümergemeinschaft (mit hier 162 Mitgliedern) ist es i.d.R. nicht notwendig, sämtliche Prozessunterlagen zu kopieren und komplett jedem einzelnen Wohnungseigentümer zuzuleiten. Im Allgemeinen reicht es aus, den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter der Wohnungseigentümer (hier den Verwalter) entsprechend zu informieren.
  2. Die durch Unterrichtung sämtlicher Wohnungseigentümer verursachten Kopiekosten (vorliegend von mehr als 40.000 Kopien zum Preis von fast 5.000 EUR) waren daher nicht notwendig und auch nicht zweckmäßig, sodass sie auch als nicht erstattungsfähig anzusehen waren.
 

Link zur Entscheidung

OLG Koblenz, Beschluss vom 20.10.2005, 14 W 661/05OLG Koblenz v. 20.10.2005, 14 W 661/05, ZMR 1/2006, 66

Anmerkung

Vertritt ein Rechtsanwalt eine gesamte Gemeinschaft oder auch mehrere Eigentümer auf einer Beteiligtenseite (z.B. alle restlichen Eigentümer in einem Beschlussanfechtungsverfahren) über berechtigte Mandatserteilung durch den Verwalter als Organvertreter des Verbands bzw. als bevollmächtigter Vertreter bestimmter Eigentümer, hat der Anwalt zunächst den Verwalter als Vertreter möglichst kostengünstig zu informieren. Diesem (dem Verwalter) bleibt es dann überlassen, auf welche Weise er seinerseits die Mitglieder seiner Gemeinschaft unterrichtet, z.B. mündlich in einer Versammlung oder (besser) schriftlich durch kurze Darstellung des Sachverhalts bzw. durch von ihm gefertigte Kopien. Unnötiger Kostenaufwand sollte sowohl auf Seiten des Anwalts als auch des Verwalters vermieden werden, zumal interessierte Eigentümer beim Verwalter Einsichtsrechte auch in alle Unterlagen eines Prozesses besitzen und geltend machen können.

Allerdings möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass Verwalter jedenfalls zeitnah (i.d.R. wohl über entsprechende Rundschreiben) sämtliche Eigentümer über den Stand anstehender Verfahren und insbesondere ergangener Entscheidungen, u.U. sogar vorsorglich eingelegte Rechtsmittel, zu informieren haben. Aus meiner Praxis muss ich leider berichten, dass diese Verwalternebenpflichten häufig verletzt werden. Vielfach erhalten Eigentümer in Antragsgegnerschaft nicht einmal Kenntnis über erfolgte Beschlussanfechtungsverfahren (Gericht, Aktenzeichen, Verhandlungstermin, Anfechtungsbegründung), obgleich sie sich in Kenntnis solcher Verfahren durchaus auch unmittelbar aktiv im Verfahren zu Wort gemeldet hätten. Auch in für einen Verwalter "unangenehmen" Beschlussanfechtungsverfahren (z.B. über seine Bestellung oder Wiederbestellung) bestehen selbstverständlich diese aktuellen Infopflichten eines (noch) im Amt befindlichen Verwalters!

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