Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwaltliche Informationspflicht ggü. einer großen Wohnungseigentümergemeinschaft
Leitsatz (amtlich)
Zur Wahrnehmung der Rechte einer großen Wohnungseigentümergemeinschaft (hier: 162 Mitglieder) ist es in der Regel nicht notwendig, sämtliche Prozessunterlagen zu kopieren und komplett jedem einzelnen Wohnungseigentümer zuzuleiten. Im Allgemeinen reicht es aus, den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter der Wohnungseigentümer zu informieren.
Die durch Unterrichtung sämtlicher Wohnungseigentümer verursachten Kopiekosten sind daher nicht erstattungsfähig.
Normenkette
ZPO § 91; BRAGO § 27; WEG § § 20 ff., § 21
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 11.08.2005; Aktenzeichen 1 O 541/03) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1) und 2) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Koblenz vom 11.8.2005 wird kostenfällig zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 4.979,09 EUR.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde ist i.E. nicht begründet.
Die Beschwerde hat insofern recht, als die geltend gemachten Kopiekosten gem. § 27 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO im Verhältnis der Beklagten zu ihren Prozessbevollmächtigten angefallen sein können und dann nicht durch die Prozessgebühr abgegolten sind. Die Rechtspflegerin hat die zitierte Entscheidung des BGH (BGH JurBüro 2003, 246) missverstanden. Dass die Kosten entstanden sind, bedeutet aber nicht, dass sie auch erstattungsfähig sind.
Die Fertigung der Ablichtungen muss zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung gerade durch den Rechtsanwalt notwendig gewesen sein (§ 91 Abs. 1 ZPO). Dazu gehört, dass die Anfertigung auf billigere Weise entweder nicht möglich oder nicht zumutbar war (Gerold/Schmidt/v. Eicken, BRAGO, 15. Aufl., § 27 Rz. 19).
Mit Schriftsatz vom 23.3.2005 haben die Klägervertreter zu recht darauf hingewiesen, dass es seitens der Beklagtenvertreter ausreichte, den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter (Verwalter und Beklagten zu 1) entsprechend zu informieren und es diesem zu überlassen, auf welche Weise er seinerseits die Mitglieder der Gemeinschaft unterrichtete - z.B. mündlich auf einer Versammlung, durch eine kurze schriftliche Darstellung des Sachverhalts oder von ihm gefertigte Kopien.
Die Herstellung von mehr als 40.000 Kopien durch die Prozessbevollmächtigten zum Preis von fast 5.000 EUR war weder notwendig noch zweckmäßig.
Die Beschwerde ist mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 1444063 |
NJW 2005, 3789 |
JurBüro 2006, 86 |
NZM 2006, 25 |
ZMR 2006, 66 |
AnwBl 2006, 147 |
MDR 2006, 296 |
WuM 2005, 742 |
GuT 2005, 263 |
NJW-Spezial 2006, 3 |
IWR 2005, 65 |
OLGR-West 2006, 130 |