Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Rechte Erwerbers bei nicht rechtzeitig fertig gestelltem Gemeinschaftseigentum nach § 326 BGB a. F.
Normenkette
§ 326 BGB a. F., § 631BGB a. F., § 636 Abs. 1 BGB a. F.
Kommentar
1. Ein Bauträger hatte ein Mehrfamilienhaus in Eigentumswohnungen aufgeteilt und nach grundlegenden Ausbauten Wohnungen veräußert. In vereinbarter endgültiger Fertigstellungsfrist standen noch größere Arbeiten an Dach, Fassaden und Treppenhäusern aus. Ein Erwerber setzte dem Bauträger Frist nebst Ablehnungsandrohung zur Fertigstellung auch dieser Arbeiten am Gemeinschaftseigentum. Nach erneutem Fristablauf forderte der Erwerber Schadensersatz wegen Nichterfüllung, Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises und Ersatz fehlgeschlagener Aufwendungen.
2. Das OLG Naumburg verurteilte den Bauträger zu entsprechender Zahlung unter Anwendung von Werkvertragsrecht auch bei diesem sanierten Altbau; insoweit habe es sich bei den einschneidenden Umbauten um neu hergestelltes Wohnungseigentum gehandelt. Gerät der Bauträger mit seiner Fertigstellungsverpflichtung in Verzug, behält auch ein einzelner Erwerber die allgemeinen Rechte aus § 326 BGB a.F. bzw. § 636 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. (vgl. nunmehr §§ 323, 324, 325 u. 633 sowie 634 BGB n.F.). Dass hier Sondereigentum schon abgenommen worden sei, könne dahinstehen; jedenfalls sei bisher eine Abnahme des Gemeinschaftseigentums nicht erfolgt. Solange die Gemeinschaft durch die Vertragslösung des einen Erwerbers nicht berührt werde, stehe das Individualrecht des einzelnen Erwerbers aus seinem Vertrag mit dem Bauträger im Vordergrund. Wolle er an dem Vertrag wegen fehlender Fertigstellung des Gemeinschaftseigentums nicht mehr festhalten, so sei er hierzu gem. § 326 BGB a.F. berechtigt. Insoweit greife er nicht in gemeinschaftliches Eigentum ein, sodass auch die Gemeinschaft der Eigentümer durch ein solches einseitiges Vorgehen eines einzelnen Erwerbers nicht betroffen sei; an die Stelle des Erwerbers trete dann wieder der Bauträger.
Link zur Entscheidung
(OLG Naumburg, Urteil vom 17.08.2000, 2 U 271/98 ; BGH, v. 16.8.2001, VII ZR 375/00 (Revision nicht zugelassen), IBR 12/2001)
Anmerkung:
Grundsätzlich hat eine Gemeinschaft bei behebbaren Mängeln am Gemeinschaftseigentum durch Beschluss die Wahlentscheidung zwischen Minderung und kleinem Schadensersatz zu treffen. Bereits die erforderliche Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung gem. § 634 Abs. 1 BGB a. F. kann insoweit nur die Gemeinschaft wirksam setzen (verfestigte BGH-Rechtsprechung). Rechte einer Gemeinschaft werden aber dann nicht berührt, wenn ein Erwerber im Wege eines Vertragsrücktritts oder des großen Schadensersatzes Rückabwicklung seines Vertrags mit dem Bauträger begehrt. Diese individuell geltend zu machenden sekundären Gewährleistungsansprüche sind hier nicht durch eine Gemeinschaftsgebundenheit beschränkt.