Leitsatz

  • Abgelehnter Antrag als sog. Nichtbeschluss

    Auslegung eines Beschlusses, keine Beseitigung einer baulichen Veränderung zu fordern (hier: Abriss eines Wintergartens)

    Erledigung der Hauptsache in Dritter Instanz

 

Normenkette

§ 22 Abs. 1 WEG, § 23 Abs. 4 WEG, § 19 Abs. 1 FGG, § 20a FGG

 

Kommentar

1. Erschöpft sich die Abstimmung der Wohnungseigentümer in der Ablehnung eines Antrages, ist damit (wie hier) eine sachliche Regelung nicht verbunden; es liegt ein sog. Nichtbeschluss vor, der keine Rechtswirkungen auslöst (BayObLG, NJW-RR 94, 658).

2. Ein Beschluss der Wohnungseigentümer, der sich dagegen ausspricht, dass ein Wintergarten (bauliche Veränderung) abgerissen werden soll, kann grundsätzlich nicht so ausgelegt werden, dass damit zugleich die bauliche Veränderung genehmigt ist. Ein solcher Beschluss, der sich gegen ein aktives Tätigwerden der Wohnungseigentümer ausspricht, beinhaltet also nicht zugleich, dass sich die Mehrheit der Wohnungseigentümer mit einer rechtswidrig durchgeführten baulichen Veränderung abfindet und sie genehmigt.

Insbesondere kann aus einem solchen Beschluss nicht etwa abgeleitet werden, dass das Vorgehen eines einzelnen Wohnungseigentümers (auf Beseitigung) gegen die bauliche Veränderung verhindert werden soll.

3. Die einseitige Erledigungserklärung des Antragsgegners im vorliegenden Fall ist unbeachtlich; das Gericht hat aber eine tatsächlich eingetretene Erledigung der Hauptsache auch noch im dritten Rechtszug von Amts wegen zu beachten und einen Antrag abzuweisen, wenn der Antragsteller der tatsächlichen Erledigung nicht Rechnung getragen hat. Erledigung der Hauptsache tritt ein, wenn sich die Sach- und Rechtslage durch ein Ereignis derart verändert hat, dass der Verfahrensgegenstand fortgefallen ist und die Fortführung des Verfahrens keinen Sinn mehr hätte (BayObLG, WE 90,29 und WuM 94, 573). Ein solcher Fall lag vorliegend nicht vor, da ein einzelner Eigentümer einen Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums gegen einen Miteigentümer auch ohne Ermächtigung durch die Wohnungseigentümer geltend machen kann (BGH, NJW 92, 978; BayObLG Z 75, 177/179). Somit war im vorliegenden Fall die einseitige Erledigungserklärung der Antragsgegnerseite unbeachtlich, da diese nicht den Verfahrensgegenstand bestimmen und über ihn nicht verfügen konnte.

4. Auch außergerichtliche Kostenerstattung der Antragsgegnerseite in III. Instanz bei Geschäftswertansatz für das Rechtsbeschwerdeverfahren von 10.000 DM (die Kostenentscheidung wurde allein mit dem Hinweis auf § 47 WEG begründet).

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 09.03.1995, 2Z BR 16/95)

Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

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