Entscheidungsstichwort (Thema)
Beseitigung baulicher Veränderungen
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen UR II 992/93) |
LG München I (Aktenzeichen 1 T 12020/94) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 23. Januar 1995 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.
Die Antragsgegner errichteten auf der zu ihrer Wohnung gehörenden Dachterrasse einen etwa 14 m²großen Wintergarten und eine Holz-Blockhütte mit einem Grundmaß von etwa 1,80 m².
In der Eigentümerversammlung vom 28.6.1993 wurde laut Niederschrift über die Versammlung über folgenden Antrag abgestimmt:
Es wird beantragt, daß der Wintergarten/Verglasung der Dachterrasse im Bereich der Wohnung des … (= Antragsgegner) abgerissen wird.
Der Antrag fand keine Mehrheit. Nach der Behauptung der Antragsgegner hatte der Antrag folgenden Wortlaut:
Soll der Wintergarten/die Verglasung der Dachterrasse im Bereich der Wohnung des … (= Antragsgegner) abgerissen werden oder nicht?
Die Antragsgegner tragen vor, daß „sich eine Mehrheit der Stimmen für den Nichtabriß des Wintergartens positiv ausgesprochen” habe.
Am 2.2.1994 beschlossen die Wohnungseigentümer, daß die Antragsgegner den Wintergarten und die Holz-Blockhütte bis 30.4.1994 abzureißen haben und daß die Hausverwaltung bevollmächtigt werde, bei Nichtbefolgung den Beschluß auf dem Rechtsweg durchzusetzen. Die Antragsgegner haben diesen Eigentümerbeschluß angefochten; eine Gerichtsentscheidung ist noch nicht ergangen.
Die Antragsteller haben beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten, den Wintergarten und die Holz-Blockhütte zu beseitigen. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 27.5.1994 dem Antrag stattgegeben. Das Landgericht hat am 23.1.1995 die sofortige Beschwerde der Antragsgegner zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich ihre sofortige weitere Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt.
Durch den Eigentümerbeschluß vom 2.2.1994 sei weder die Hauptsache erledigt worden, noch sei das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers zur Durchführung des vorliegenden Verfahrens entfallen. Jeder Wohnungseigentümer könne die Beseitigung von unzulässigen baulichen Veränderungen am Gemeinschaftseigentum verlangen. Dieses Recht gehe nicht dadurch verloren, daß auch die Wohnungseigentümergemeinschaft aufgrund eines Eigentümerbeschlusses die Beseitigung verlange und eine gerichtliche Durchsetzung des Anspruchs anstrebe. Ein Interesse des Antragstellers an einer Entscheidung im vorliegenden Verfahren bestehe insbesondere deshalb, weil nicht sicher sei, ob der Eigentümerbeschluß vom 2.2.1994 der gerichtlichen Anfechtung standhalte; auch sei nicht vorhersehbar, welchen Verlauf ein vom Verwalter oder den Miteigentümern eingeleitetes Verfahren nehmen werde.
Der Antragsteller könne nach § 1004 BGB die Beseitigung des optisch beeinträchtigenden Wintergartens verlangen. Die übrigen Wohnungseigentümer hätten der Errichtung des Wintergartens weder zugestimmt noch sie genehmigt.
Die Zustimmung des Verwalters zur Errichtung des Wintergartens ersetze nicht die der Wohnungseigentümer. Nach der Gemeinschaftsordnung stelle nämlich das Erfordernis der Verwalterzustimmung für den bauwilligen Wohnungseigentümer nicht eine Erleichterung dar, sondern biete den übrigen Miteigentümern einen zusätzlichen Schutz.
Der Bau des Wintergartens sei in der Eigentümerversammlung vom 28.6.1993 nicht genehmigt worden. Der Antrag, über den laut Protokoll abgestimmt worden sei, habe keine Mehrheit gefunden. Aus der Ablehnung des Antrags könne keine Genehmigung des Wintergartens abgeleitet werden. Ein solcher Rückschluß sei schon aufgrund des Wortlauts des Antrags, über den abgestimmt worden sei, nicht möglich. Auch könne nicht angenommen werden, daß bei einer Abstimmung mit umgekehrter Fragestellung, ob nämlich der Wintergarten Bestand haben dürfe, die Nein-Stimmen als Ja-Stimmen abgegeben worden wären. Ein Wohnungseigentümer, der gegen den Abriß stimme, müsse nicht zwingend eine Genehmigung aussprechen; er könne sich zum Beispiel, ohne seine Meinung zur Frage eines Abrisses zu ändern, zur Frage einer Genehmigung der Stimme enthalten.
Nichts anderes ergebe sich, wenn man von der Behauptung der Antragsgegner ausgehe, eine „Mehrheit der Stimmen habe sich für den Nichtabriß entschieden”. Die Mehrheit der Stimmen für den Nichtabriß könne nicht mit der Mehrheit der Stimmen für eine Genehmigung des Wintergartens gleichgesetzt werden.
Auch die Holz-Blockhütte stelle eine bauliche Veränderung dar, die nicht ohne Zustimmung/Genehmigung der übrigen Wohnungseigentümer hingenommen werden müsse. Dahinstehen könne, ob die Holz-Blockhütte größer sei als das Betonhäuschen, das früher an der gleichen Stelle gestanden habe...