Leitsatz
Mit dem Urteil vom 10.12.2007 hat der BGH die gefestigte Rechtsprechung zur Nichterfüllung der Einlageschuld bei Hin- und Herzahlen auch auf das Verhältnis der Komplementär-GmbH zu der von den Inferenten beherrschten KG ausgedehnt. Bei sofortiger Ausreichung des eingebrachten Stammkapitals durch die GmbH an die KG als Darlehen ist die Einlagepflicht (§ 19 Abs. 1 GmbHG) gegenüber der GmbH nicht erfüllt, weil die eingezahlte Stammeinlage nicht zur freien Verfügung der GmbH verbleibt (vgl. § 8 Abs. 2 GmbHG). Die KG und ihre Komplementär-GmbH stellen im Hinblick auf die Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsregeln keine wirtschaftliche Einheit dar, sondern sind grundsätzlich als selbstständige Unternehmen anzusehen. Zudem betont der BGH, dass die personelle Identität zwischen Inferenten und Zahlungsempfänger nicht Voraussetzung für die Nichterbringung der Stammeinlage ist, sondern der Inferent durch die Weiterleitung des Einlagebetrags bei wirtschaftlicher Betrachtung lediglich mittelbar begünstigt sein muss. Eine solche Begünstigung bejaht der BGH bei Leistung der Einlagemittel an ein von dem oder den Inferenten beherrschtes Unternehmen.
Hinweis
Gegenstand dieser Entscheidung war ein Sachverhalt, der zuletzt in der obergerichtlichen Rechtsprechung mehrfach, jedoch nicht einheitlich entschieden worden ist (vgl. OLG Hamm, ZIP 2007, 226; OLG Karlsruhe, ZIP 2007, 2319; OLG Jena, ZIP 2006, 1534): Die Gesellschafter der jeweiligen Komplementär-GmbH zahlten zwar die satzungsgemäßen Einlagen ein. Die Einlagen wurden jedoch unmittelbar danach als Darlehen an die personenidentischen GmbH & Co. KGs weitergeleitet. Die KGs konnten die Darlehensforderungen nicht tilgen und über das Vermögen beider Gesellschaften wurde jeweils das Insolvenzverfahren eröffnet.
Der BGH hat nunmehr entschieden, dass als zivilrechtliche Rechtsfolge keine Erfüllung der Bar-Einlageverpflichtung vorliegt, die Bareinlage also nochmals zu leisten ist (§ 19 Abs. 5 i.V.m. § 5 Abs. 4 GmbHG). Gemäß § 24 GmbHG besteht eine Mithaftung der übrigen Gesellschafter.
In Anbetracht dieser Rechtsfolgen ist es daher zwingend erforderlich, dass die Komplementär-GmbH ein eigenes Bankkonto unterhält und die Einlagemittel nicht in engem zeitlichen Zusammenhang absprachegemäß als Darlehen an die Gesellschafter unmittelbar oder die KG mittelbar zurückgezahlt wird. In der Rechtsprechung wird ein enger zeitlicher Zusammenhang, der die Erfüllungswirkung der Zahlung ausschließt, auf bis zu 2,5 Monate ausgedehnt (OLG Hamburg, ZIP 2007, 580). Bei späteren Rückzahlungen ist jedoch zu beachten, dass nicht gegen die Grundsätze der Kapitalerhaltung (§ 30 GmbHG) verstoßen wird (siehe dazu OLG Karlsruhe, ZIP 2007, 2319).
Sollte das MoMiG in Kraft treten, entstünde dieses Problem nicht mehr. Nach dem vorgesehenen § 8 Abs. 2 Satz 2 GmbHG-E steht eine aufgrund einer vor Einlage getroffenen Vereinbarung erfolgende Leistung an den Gesellschafter, die wirtschaftlich einer Einlagenrückgewähr entspricht und die nicht bereits als verdeckte Sacheinlage nach § 19 Abs. 4 zu beurteilen ist, der Erfüllung der Einlagenschuld nicht entgegen, wenn sie durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gedeckt ist.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 10.12.2007, II ZR 180/06