Leitsatz
Die Parteien hatten im Januar 1992 geheiratet. Der Ehemann war im Januar 1955, die Ehefrau im Januar 1965 geboren. Aus ihrer Ehe waren zwei in den Jahren 1992 und 1998 geborene Kinder hervorgegangen. Die Ehefrau hatte eine im Juli 1985 geborene Tochter mit in die Ehe gebracht. Der Ehescheidungsantrag des Ehemannes wurde der Ehefrau im August 2005 zugestellt.
In einem im Januar 1992 - wenige Tage vor der Eheschließung - geschlossenen notariellen Ehevertrag hatten die Parteien Gütertrennung sowie wechselseitigen Verzicht auf nachehelichen Unterhalt vereinbart sowie den Versorgungsausgleich ausgeschlossen.
Während der Ehezeit hatten beide Parteien Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, der Ehemann i.H.v. 1.041,47 EUR und die Ehefrau i.H.v. 162,87 EUR monatlich.
Das FamG hat die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich dahingehend geregelt, dass es die Hälfte der Wertdifferenz der Rentenanwartschaften der Parteien i.H.v. 439,30 EUR auf das Versicherungskonto der Ehefrau übertragen hat.
Mit seinem hiergegen eingelegten Rechtsmittel wandte sich der Antragsteller gegen die Durchführung des Versorgungsausgleichs.
Sein Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG teilte die Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, wonach der Ausschluss des Versorgungsausgleichs in dem zwei Tage vor der Eheschließung und weitere 10 Tage vor der Geburt des gemeinsamen Kindes geschlossenen notariellen Ehevertrages als sittenwidrig und nichtig gem. § 138 BGB anzusehen sei.
Die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen in vertraglichen Vereinbarungen finde ihre Grenze, wenn dadurch eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstehe, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten unter verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheine (zum ganzen BGH v. 25.5.2005 - XII ZR 296/01, NotBZ 2005, 332 = BGHReport 2005, 1189 m. Anm. Waldner = MDR 2005, 1353 = FamRZ 2005, 1444; FamRZ 2005, 1452; BGH v. 11.2.2004 - XII ZR 265/02, MDR 2004, 573 = BGHReport 2004, 516 m. Anm. Grziwotz = NotBZ 2004, 152 = FamRZ 2004, 601).
Nach Auffassung des OLG wiegen die Belastungen des einen Ehegatten um so schwerer und bedürfen die Belange des anderen Ehegatten um so genauerer Prüfung, je unmittelbarer die vertragliche Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreife. Hierzu gehörten in erster Linie der Betreuungsunterhalt, unterhalb dessen dem Krankheitsunterhalt und dem Unterhalt wegen Alters Vorrang gegenüber den anderen Unterhaltstatbeständen zukomme.
Der Versorgungsausgleich, der einerseits als vorweggenommener Altersunterhalt zu werten, andererseits aber auch dem Zugewinnausgleich verwandt sei, rangiere auf der selben Stufe wie der Altersunterhalt. Der in dem notariellen Ehevertrag der Parteien vereinbarte Globalverzicht auf den Versorgungsausgleich sowie jeglichen Unterhalts einschließlich des Betreuungsunterhalts und des Altersvorsorgeunterhalts, der als Bestandteil des Lebensbedarfs dann gleichen Rang mit dem Unterhaltstatbestand haben könne, wenn damit ehebedingte Nachteile ausgeglichen werden sollten, halte einer Inhaltskontrolle im Lichte der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht stand, weil dadurch Regelungen auch aus dem Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts ganz oder zu erheblichen Teilen abbedungen seien, ohne dass der hierdurch bedingte Nachteil durch anderweitige Vorteile gemildert oder durch besondere Umstände gerechtfertigt sei. Zu Recht habe das erstinstanzliche Gericht in der vorzunehmenden Gesamtwürdigung der individuellen Verhältnisse bei Vertragsschluss insbesondere darauf abgestellt, dass nach dem geplanten Zuschnitt der Ehe der Antragsteller weiter seiner Erwerbstätigkeit nachgehen und damit als Alleinverdiener das Familieneinkommen erzielen sowie Rentenanwartschaften erwerben sollte, während eine nennenswerte Erwerbstätigkeit der im Übrigen auch nicht erkennbar über Vermögen verfügenden Ehefrau wegen der von ihr zu übernehmenden Haushaltsführung und der Betreuung des erwarteten gemeinsamen Kindes zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages nicht geplant war und auch nicht erwartet werden konnte.
Nach alledem könne der ehevertragliche Ausschluss des Versorgungsausgleichs keinen Bestand haben, für eine Ausübungskontrolle nach § 242 BGB sei kein Raum.
Link zur Entscheidung
Saarländisches OLG, Beschluss vom 05.12.2006, 2 UF 18/06