Rz. 26
Gegenstand zahlreicher Abhandlungen sind dagegen die Schranken der Inhaltskontrolle in § 307 Abs. 3 S. 1 BGB. Eine Inhaltskontrolle soll nur erfolgen, wenn in AGB von Rechtsvorschriften abgewichen wird. Hierdurch wird der entscheidende Grundsatz des AGB-Rechts ausformuliert: Wer sich zu weit von den Wertungen des Rechts entfernt, wird im Rahmen der Inhaltskontrolle wieder in die Werteordnung der gesetzlichen Regelungen geführt. Es ist daher ein Rechtslagenvergleich erforderlich; die Rechtslage mit der Klausel wird mit der Rechtslage ohne die Klausel verglichen. Dieser Rechtslagenvergleich ist sowohl bei der Inhaltskontrolle wie auch bei der Frage, ob eine Klausel der Inhaltskontrolle unterworfen ist (§ 307 Abs. 3 S. 1 BGB), notwendig. Dieser Betrachtung hat sich auch der Bundesgerichtshof angeschlossen. Hierbei ist das dispositive Gesetzesrecht heranzuziehen, aber auch ein Regelungsgehalt, der aus §§ 157, 242 BGB gewonnen werden könnte. Unter Rechtsvorschriften sind daher nicht nur Gesetzesvorschriften im materiellen Sinne zu verstehen, sondern auch die Natur des Vertrags und sonst allgemein anerkannte Rechtsgrundsätze (siehe oben Rdn 23, Vor § 307 BGB Rdn 13). Zumeist muss jedoch erst ermittelt werden, was kraft Gesetzes gilt. Gilt etwa die Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB auch für Ansprüche des Vermieters auf Erfüllung der vom Mieter vertraglich übernommenen Instandsetzungs- und Instandhaltungspflicht sowie auf Schadensersatz wegen deren Nichterfüllung, so weicht eine Klausel hiervon ab, wenn sie dem nicht Rechnung trägt.
Rz. 27
Für die Wirksamkeit von AGB können nicht die gleichen Freiräume gelten, wie dies für Individualvereinbarungen selbstverständlich ist.
Rz. 28
Damit lässt sich umgekehrt abgrenzen:
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Es ist nicht entscheidend, ob die Klausel den Bereich der Hauptleistung oder der Nebenleistung betrifft. Auch Erwägungen, ob "unmittelbar" der Preis geregelt werde, führen nicht zu sachgerechten Ergebnissen und verkennen das Wesen der Inhaltskontrolle und deren Schranken. |
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Wenig griffig ist die Formulierung, eine nicht der Inhaltskontrolle unterliegende Leistungsbeschreibung liege vor bei Bestimmungen, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlegen. |
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Vertragsklauseln können nicht generell daraufhin überprüft werden, ob diese wirtschaftlich sinnvoll und sachgerecht sind. |
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Der normative Maßstab der Interessenbewertung kann grundsätzlich nicht aus der Vereinbarung der Parteien entnommen werden, denn hierdurch hätten es die Parteien selber in der Hand, die normativen Bewertungsgrundsätze ihrer Vereinbarung zu bestimmen. |
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Ebenso ist "Rückgriffsnorm" nicht eine frühere Vereinbarung der Parteien, auch wenn diese abgeändert wird. Auch eine unwirksame Klausel zum generellen Verbot der Aufrechnung ist unerheblich und bleibt beim Rechtslagenvergleich unberücksichtigt, wenn diese Klausel später durch eine zulässige Aufrechnungsbeschränkung ersetzt wird. |
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Die Zulässigkeit der Inhaltskontrolle hängt auch nicht davon ab, ob dem Kunden das Entgelt bereits zum Zeitpunkt des Vertrags hinreichend klar vor Augen geführt wird. Hierdurch wird nur das Transparenzgebot erfüllt, dessen Einhaltung bekanntlich nicht den Ausschluss der Inhaltskontrolle bewirkt! |
Rz. 29
Welche Rechtsvorschriften gemeint sind, ist vorstehend bereits ausgeführt (siehe oben Rdn 8 ff.). Im Vordergrund stehen das dispositive Recht und ungeschriebene Rechtsgrundsätze.
Rz. 30
Abweichungen oder Ergänzungen sind zunächst einheitlich als Feststellung einer Abweichung bei der Durchführung eines Rechtslagenvergleichs zu verstehen. Da keine Unterschiede der Kontrollfähigkeit bestehen, kommt es auf die Unterscheidung auch nicht an. Richtig ist es wohl, die Ergänzung als einen Unterfall des Abweichens aufzufassen.