Gesetzestext
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(Nachfrist) eine Bestimmung, durch die sich der Verwender für die von ihm zu bewirkende Leistung abweichend von Rechtsvorschriften eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Nachfrist vorbehält; |
A. Allgemeines
I. Inhalt
Rz. 1
Hier erklärt das Gesetz Klauseln für unwirksam, durch die sich der Verwender eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Nachfrist vorbehält.
Rz. 2
Die Vorschrift entspricht § 10 Nr. 2 AGBG. Seit der Schuldrechtsmodernisierung muss die betroffene Klausel allerdings eine Nachfrist nicht mehr "entgegen § 326 Abs. 1 BGB", sondern "abweichend von Rechtsvorschriften" vorsehen.
II. Gesetzgeberisches Anliegen
Rz. 3
Die Bestimmung ergänzt § 308 Nr. 1 BGB. Die dortige Regelung könnte insbesondere im Hinblick auf die Erbringung einer Leistung leichter unterlaufen werden, wenn sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Nachfristen vorbehalten dürfte. Mithin geht es auch hier um die Gefährdung der Sekundärrechte des Kunden, denn die hier in Rede stehenden Klauseln schließen zwar nicht den Verzug als solchen aus (vgl. hierzu Rdn 7), schieben aber die Ausübung des Rücktrittsrechts (insb. aus § 323 Abs. 1 BGB) und die Entstehung von Schadensersatzansprüchen (insb. aus § 281 Abs. 1 BGB) hinaus.
B. Geltungsbereich
Rz. 4
Gemäß § 310 Abs. 1 BGB ist die Vorschrift auf den unternehmerischen Geschäftsverkehr nicht unmittelbar anzuwenden. Gleichwohl hat sie in diesem Bereich Indizwirkung; was darüber hinausgeht, ist regelmäßig auch im unternehmerischen Verkehr nicht tragbar. Hier müssen eher noch kürzere Fristen gelten als gegenüber Verbrauchern, insbesondere im Rahmen von § 281 Abs. 1 BGB, woran die AGB wiederum zu messen sind. Allerdings sind Handelsbräuche zu beachten.
C. In Betracht kommende Nachfristen
I. In Betracht kommende Rechtsvorschriften
Rz. 5
Nach § 308 Nr. 2 BGB sind nur solche Klauseln unwirksam, durch die sich der Verwender "abweichend von Rechtsvorschriften" eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Nachfrist vorbehält. Gemeint sind alle Vorschriften, die die Geltendmachung von Rechten durch den Kunden von einer Nachfrist abhängig machen. Betroffen sind also nur Nachfristen, die der Verwender für seine eigene Leistung vorbestimmt. Insbesondere sind dies die Fristen in §§ 281 Abs. 1, 321 Abs. 2, 323 Abs. 1 und 3, 437 Nr. 2, 634, 637, 651c Abs. 3, 651e Abs. 2 BGB. Ohne praktische Bedeutung ist der Streit darüber, inwieweit § 308 Nr. 2 BGB auf diese Vorschriften unmittelbar oder nur analog anwendbar ist.
II. In Betracht kommende Klauseln
Rz. 6
Der Verwender der AGB muss Schuldner sein, d.h. die Fristen müssen ihn als Schuldner treffen. Die Abweichung vom dispositiven Recht liegt darin, dass nicht der Gläubiger, sondern der Schuldner die Nachfrist bemisst. Es bleibt aber dabei, dass der Gläubiger (Kunde) die Nachfrist setzen muss, wenn auch mit der Dauer, die sich aus den AGB ergibt.
Rz. 7
In Betracht kommen nur echte Nachfristen. Dazu gehören nicht zusätzliche Lieferfristen (unechte Nachfristen), die dadurch gekennzeichnet sind, dass sie die Leistungszeit und damit die Fälligkeit und den Verzug hinausschieben; sie fallen unter § 308 Nr. 1 BGB (siehe § 308 Nr. 1 BGB Rdn 13). Die bei § 308 Nr. 2 BGB in Rede stehenden Fristen tangieren den Verzug und die Verzugsfolgen (§§ 286 bis 290 BGB) nicht. Sie sollen es aber dem Verwender ermöglichen, seine bereits fällige Leistung folgenlos zu erbringen, also Rücktritt und weitere Schadensersatzansprüche des Kunden auszuschließen.
Rz. 8
Klauseln, die vom Kunden die Setzung einer Nachfrist verlangen, wo das Gesetz dies nicht verlangt, fallen erst recht unter § 308 Nr. 2 BGB, denn nach dem Gesetz ist dann die Frist gleich null.
Rz. 9
Bestimmen AGB (häufig Einkaufsbedingungen), dass der Verwender seinerseits – also hinsichtlich der Leistung des Kunden – keine Nachfrist setzen muss, so fällt dies unter § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Dasselbe gilt für unangemessen kurze Nachfristen hinsichtlich der Leistung des Kunden in solchen Fällen.
D. Typische Klauseln
Rz. 10
Solche sind etwa: "Als angemessen gilt eine Nachfrist von mindestens acht Wochen"; "Für Lieferschwierigkeiten wird eine einmalige Nachfrist von 60 Tagen vereinbart"; "Eine Nachlieferungsfrist von sechs Wochen nach schriftlicher Inverzugsetzung gilt als vereinbart".
E. Unangemessen lange Nachfrist
I. Definition der Unangemessenheit
Rz. 11
Maßgebend ist die Zeit von der Fälligkeit bis zum Ende der Nachfrist gemäß AGB. Sie ist der Nachfrist gegenüberzustellen, die ohne die Klausel maßgebend wäre; dies ist die angemessene Nachfrist gemäß § 281 Abs. 1 S. 1 BGB. Sie ist insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass der Schul...