Rz. 19
§ 309 Nr. 12 BGB verbietet generell Beweislaständerungen zum Nachteil des anderen Vertragsteils. Als Regelbeispiel führt § 309 Nr. 12a BGB das Verbot auf, dem anderen Vertragsteil die Beweislast für Umstände aufzuerlegen, die im Verantwortungsbereich des Verwenders liegen. Stets muss jedoch durch eine derartige Klausel auch eine Änderung der sich aus dem dispositiven Recht ergebenden Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils herbeigeführt werden. Von § 309 Nr. 12a BGB angesprochene Beweislaständerungen sind besonders nachteilig für den anderen Vertragsteil, weil er regelmäßig keinen Einblick in die Verhältnisse des Verwenders hat und ihm daher die Beweisführung für Umstände, die in dem Verantwortungsbereich des Verwenders liegen, erheblich erschwert oder gar unmöglich gemacht wird. Wegen dieser Beweisschwierigkeiten hat die Rechtsprechung den Grundsatz entwickelt, dass sich die Beweislastverteilung auch an den Verantwortungsbereichen von Schuldner und Gläubiger zu orientieren hat. So obliegt dem Mieter, der einen Schadensersatzanspruch gegen den Vermieter geltend macht, grundsätzlich die Beweislast dafür, dass der Vermieter eine Pflichtverletzung begangen hat und diese kausal für den Schaden war. Steht indes fest, dass als Schadensursache nur eine solche aus dem Obhut- und Gefahrenbereich des Vermieters in Betracht kommt, muss sich dieser hinsichtlich der objektiven Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens entlasten. Auch das Gesetz trägt verschiedentlich der Verteilung der Beweislast nach Verantwortungsbereichen Rechnung, etwa in § 280 Abs. 1 S. 2 BGB (Vertretenmüssen der Pflichtverletzung) und § 831 Abs. 1 S. 2 BGB (sorgfältige Auswahl des Verrichtungsgehilfen).
Rz. 20
Für die Anwendung des Verbots des § 309 Nr. 12a BGB spielt es keine Rolle, ob die Beweislast ausdrücklich durch gesetzliche oder richterrechtlich entwickelte Regeln nach Verantwortungsbereichen verteilt wird oder ob dem Verwender nur im Ergebnis die Beweislast für solche Umstände auferlegt wird, die in seinem Verantwortungsbereich liegen. Stets muss jedoch eine nachteilige Beweislaständerung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen vorliegen. Unter § 309 Nr. 12a BGB fallen insbesondere Klauseln, die bei zulässiger Begrenzung des Haftungsmaßstabs auf grobes Verschulden des Verwenders, dem Vertragspartner die Beweislast für das Verschulden in solchen Fällen auferlegen, in denen die Schadensquelle eindeutig im Herrschaftsbereich des Verwenders liegt. Unzulässig ist etwa auch eine Klausel in Flugbeförderungsbedingungen, wonach der Luftfrachtführer nur zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn ihm nachweislich Fahrlässigkeit zur Last fällt. Unwirksam ist eine Klausel in einem Kaufvertrag, die die Haftung für Mangelfolgeschäden ausschließt, "es sei denn, dass dem Verwender oder seinem Erfüllungsgehilfen Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fallen". Diese Bestimmung enthält nicht nur eine Einschränkung der Haftung des Verwenders auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit; sie bürdet durch die Verwendung der Regel-Ausnahme-Technik "(...) wird ausgeschlossen, es sei denn, dass (...)" zugleich dem Vertragspartner die Beweislast für Vorgänge auf, die sich im Verantwortungsbereich des Verwenders abgespielt haben. Als unwirksam gemäß § 309 Nr. 12a BGB wurde auch eine solche Klausel gesehen, bei der die Beweislast dafür, dass Werbeprospekte tatsächlich verteilt worden sind, dadurch geändert wurde, dass der Kunde die Nichterfüllung des Verteilerauftrags zu beweisen habe. Der Verwendungsgegner müsste nämlich anderenfalls zur Beweisführung die Verteilerkolonnen begleiten. In einem Werkvertrag über Textilveredelung ist eine Klausel unwirksam, nach der Beanstandungen der Ware, die be- oder verarbeitet worden ist, durch den Auftraggeber nicht mehr erhoben werden können, "es sei denn, dass verborgene Fehler vorliegen, die nachweislich auf einem Verschulden des Veredlers beruhen". Für diese Beweislastumkehr liegen auch im kaufmännischen Verkehr keine rechtfertigenden Gründe vor. Bei einem Werkvertrag trägt der Auftragnehmer bis zur Abnahme die Beweislast für die Mangelfreiheit des Werkes. Mit der Abnahme kehrt sich die Beweislast um. Eine Klausel, die dem Auftragnehmer die Beweislast der Mangelfreiheit auch nach erfolgter Abnahme auferlegt, ist unwirksam.