Rz. 93

Das niederländische Erbrecht beinhaltet eine gesetzliche Überlebendenregelung für verheiratete Personen mit Kindern. Wenn ein verheirateter Erblasser stirbt, werden der überlebende Ehegatte und die Kinder Erben. Der überlebende Ehegatte wird vom Gesetz jedoch weitgehend bevorzugt, weil er das alleinige Eigentum der Güter des Nachlasses erhält und den Kindern nur ein Forderungsrecht verbleibt (Art. 4:13 Abs. 2 und 3 BW). Dies ist eine "gesetzliche Verteilung" des Nachlasses. Diese gesetzliche Verteilung gilt auch bei einem überlebenden Ehegatten in zweiter oder dritter Ehe.

 

Rz. 94

Im Erbrecht vor dem 1.1.2003 war ebenfalls eine Überlebendenregelung im Gesetz aufgenommen, die sog. "elterliche Auseinandersetzung des Eigentums" (ouderlijke boedelverdeling). Diese Regelung war nicht von Gesetzes wegen anzuwenden. Der Erblasser sollte dies in sein Testament aufnehmen, anderenfalls hat es keine Wirkung.

 

Rz. 95

Das Forderungsrecht der Kinder ist auf Zahlung eines Betrags gerichtet, der dem Wert ihres Erbteils entspricht. Der Betrag ist erst zur Zahlung fällig, wenn

der überlebende Ehegatte stirbt;
über sein Vermögen Insolvenz erklärt wird;
das Gesetz über die Schuldsanierung natürlicher Personen auf ihn anzuwenden ist.

Es findet von Rechts wegen eine nur geringfügige Inflationskorrektur statt, und zwar wird die Forderung der Kinder erhöht um die gesetzlichen Zinsen, wenn die gesetzlichen Zinsen mehr als 6 % p.a. betragen. Betragen die gesetzlichen Zinsen beispielsweise 7 %, beträgt die Erhöhung der Forderung der Kinder demzufolge nur 1 %. Der überlebende Ehegatte kann jedoch innerhalb von drei Monaten nach dem Tod des Erblassers durch Erklärung die gesetzliche Verteilung rückgängig machen. Dieser Rückgängigmachung kommt Rückwirkung zu. Sie muss durch notariellen Akt erfolgen. Damit gibt der überlebende Ehegatte den bevorzugten Platz auf und erhält eine erbrechtliche Stellung gleich den Kindern. Dies kann insbesondere auch aus steuerlichen Erwägungen zu bevorzugen sein.

 

Rz. 96

 

Praxishinweis:

Viele Menschen errichten ein Testament, in welchem sie den Anspruchsgrund der Kinder erweitern. Ebenfalls können in einem Testament Steuerklauseln, wie z.B. eine zinstragende Forderung, aufgenommen werden. Der Erblasser kann die Forderung der Kinder verzinsen. Durch die Verzinsung wird die Forderung im Rahmen der Erbschaftsteuer höher bewertet. Demzufolge hat der überlebende Ehegatte eine höhere Erbschaftsteuer vorauszuzahlen.

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