Hella Slegt-Moens, Arlette R. van Maas de Bie
a) Testamente mit quasi-gesetzlicher Verteilung
Rz. 117
Das Testament mit quasi-gesetzlicher Verteilung ist eine häufig genutzte letztwillige Regelung für vermögende Privatpersonen und Unternehmer. Es bietet Flexibilität und eine Vielzahl rechtlicher und steuerlicher Möglichkeiten. Grundlage ist die sog. quasi-gesetzliche Verteilung, bei der der überlebende Ehegatte als Testamentsvollstrecker und Nachlassverwalter mit der Aufteilung des Nachlasses beauftragt wird, als ob es sich um eine gesetzliche Erbteilung handeln würde. Der Auftrag kann jedoch auch rückgängig gemacht werden, indem dem überlebenden Ehegatten die Möglichkeit gegeben wird, andere im Testament enthaltene Optionen zur Aufteilung des Nachlasses nach eigenem Ermessen zu verteilen.
Der überlebende Ehegatte ist für die Testamentsvollstreckung verantwortlich und hat ausreichend Zeit (zwei Jahre), um wohlüberlegte Entscheidungen zu treffen. Dies ist ein großer Vorteil gegenüber der gesetzlichen Verteilung, bei der die Rückabwicklungsfrist nur drei Monate beträgt. Allerdings ist die Umsetzung der quasi-gesetzlichen Verteilung deutlich schwieriger, da eine tatsächliche Verteilung mit allen damit verbundenen Kosten und Formalitäten stattfinden muss.
b) Zweistufige Testamente
Rz. 118
Ein zweistufiges Testament (fideicommis de residuo) als Überlebendenregelung ist ein Testament, in dem der Erblasser seinen Ehegatten als seinen Alleinerben einsetzt.
Der Ehegatte ist der Erbe unter auflösender Bedingung (de bezwaarde/der sog. Belastete). Dies wird als erste Stufe bezeichnet. Die Kinder werden als verwachters (sog. Erwarter) bezeichnet. Sie sind Begünstigte unter der aufschiebenden Bedingung des Todes des Belasteten. Dies wird als zweite Stufe bezeichnet. Mit Inkrafttreten der zweiten Stufe geht das verbleibende Vermögen auf die Erwarter über.
Durch diese Regelung – die in gewisser Weise dem deutschen "Supervermächtnis" vergleichbar ist – kann der hohe Erbschaftssteuerfreibetrag für den überlebenden Ehegatten optimal ausgenutzt und u.U. sogar sichergestellt werden, dass beim ersten Todesfall keine Erbschaftssteuer anfällt.
Dadurch verschiebt sich die Erbschaftssteuerbelastung. Nach dem Tod des überlebenden Ehegatten ist eine Erbschaftssteuererklärung für den Nachlass des überlebenden Ehegatten sowie (weitere) Erklärungen im Zusammenhang mit dem Erwerb durch die Erwartenden aus dem Nachlass des ersten verstorbenen Ehegatten abzugeben.
Der Belastete verfügt generell über eine uneingeschränkte Verfügungs- und Verdauungsbefugnis. Dritten gegenüber gilt er daher als Inhaber des Vermögens.
Im Hinblick auf das Innenverhältnis zwischen dem Erbe unter einer auflösenden Bedingung und denjenigen, die den Erwerb infolge der Erfüllung erhalten würden, ist Folgendes wichtig: Die gesetzlichen Bestimmungen zum Nießbrauch (Titel 3.8 BW) gelten entsprechend für das Verhältnis zwischen dem Belaster und dem Erwarter in einem solchen zweistufigen Testament (Art. 4:138 Abs. 2 BW). In der Literatur wird die Frage diskutiert, ob die Nießbrauchspflichtbestimmungen des Titels 3.8 BW auch für eine zweistufige Vorbereitung zwingend sind. Art. 4:138 Abs. 2 BW stellt nicht klar, welche Nießbrauchsbestimmungen anwendbar sind (oder sein könnten) und welche ihrer Natur nach nicht.
Der Belastete muss dem Erwartenden (Anspruchsberechtigten) jährlich eine Aufstellung über das belastete Vermögen vorlegen. Darüber hinaus muss der Belastete das belastete Vermögen getrennt von seinem übrigen Vermögen verwalten. In der Praxis wird dies häufig nicht eingehalten (u.a., weil dies z.B. bei Banken zu Problemen führt) und kann im Falle des Todes des Belasteten zu viel Diskussion und Unsicherheit führen. Darüber hinaus werden diese Pflichten für den Erwarter häufig als sehr belastend empfunden. Wenn das Verhältnis zwischen Erwartendem und Belasteten nicht (mehr) gut ist, stößt auch die jährliche Auskunftspflicht auf erhebliche Einwände.
c) Gesetzliche Verteilung mit einem Lücken-Vermächtnis (opvul- oder afvullegaat)
Rz. 119
In der Praxis werden in den letzten Jahren viele Testamente verwendet, die eine gesetzliche Verteilung vorsehen (je nachdem um ein fakultatives Vermächtnis und Nießbrauchsvermächtnis ergänzt).
Durch das sog. Lückenvermächtnis hat der überlebende Ehegatte die Möglichkeit, die beim ersten Todesfall anfallende Erbschaftsteuer zu minimieren.
Bei einem Lückenvermächtnis erhält der überlebende Ehegatte einen zusätzlichen Geldbetrag aus dem Nachlass, sodass der Ehegattenfreibetrag optimal genutzt werden kann. Das Lückenvermächtnis geht noch einen Schritt weiter und sorgt dafür, dass auch die Steuerklassen aller Erben in den Erbschaftssteuerklassen optimal gefüllt werden.
Obwohl die Kinder Miterben sind, erhalten sie ihr Erbe in Form einer Geldforderung, die grundsätzlich erst mit dem Tod des überlebenden Ehegatten fällig wird. Durch die Geltendmachung des Lückenvermächtnisses verringert sich dieser Geldanspruch.
Allerdings entfallen hier die Pflichten des zweistufigen Testaments, wie die jährliche Auskunftspflicht und getrennte Verwaltung des belasteten Vermögens, was die Umsetzung erleichtert. Es ist wichtig, dass die Erben die Geldansprüche nach dem To...