Prof. Dr. Barbara E. Reinhartz, Dr. Paul Vlaardingerbroek
Rz. 9
Obwohl dem Standesbeamten die Prüfung obliegt, ob die gesetzlichen Voraussetzungen von Titel 5 Buch 1 BW erfüllt sind, wird dieser manchmal vom Vorliegen eines Ehehindernisses keine Kenntnis erlangen.
Rz. 10
Dritte Personen können sich gegen eine Eheschließung wenden, wenn die Partner die Voraussetzungen für eine Eheschließung nicht erfüllen oder wenn eine Scheinehe vorliegen könnte (Art. 1:50 BW). Die Eheschließung kann auch verhindert werden, wenn einer der künftigen Ehepartner unter Vormundschaft steht und die beabsichtigte Ehe jener Partei, mit der man blutsverwandt ist oder deren Vormund oder Kurator ist, offensichtlich Unglück verursachen würde (Art. 1:51 Abs. 2 BW). Eine Verhinderung ist auch möglich wenn nicht beide Parteien ihre freie Zustimmung zur Heirat geben. Gegen eine Ehe dürfen sich Blutsverwandte in gerader Linie, Geschwister, Vormünder und Kuratoren der künftigen Ehepartner aussprechen (Art. 1:51 Abs. 1 BW). Die Staatsanwaltschaft (Openbaar Ministerie) ist hingegen verpflichtet, sich gegen eine Ehe auszusprechen, wenn ihr ein Ehehindernis bekannt ist, welches in den Art. 1:31–33, 41 und 42 BW angeführt wird (Art. 1:53 Abs. 1 BW).
Rz. 11
Eine Ehe kann für nichtig erklärt werden, wenn eine der in Art. 1:31–42 BW genannten Voraussetzungen nicht erfüllt ist, aber auch in jenen Fällen, die in Art. 1:70–71a BW genannt sind. Die Gründe für die Nichtigerklärung einer Ehe sind umfassend aufgezählt. Vorbehaltlich des in Art. 1:56 BW Geregelten, erklärt der Richter auf Antrag eine Ehe nur dann für nichtig, wenn einer der oben genannten Gründe vorliegt und ein Ersuchen in Übereinstimmung mit den Voraussetzungen der Art. 1:69–77 BW gestellt wird (Art. 1:76 BW). Wurde eine mit einem Nichtigkeitsgrund belastete Ehe vollzogen, so ist diese nicht absolut nichtig, sondern kann erst durch den Richter für nichtig erklärt werden. Dies kann ausschließlich auf entsprechenden Antrag hin geschehen (Art. 1:76 BW). Nach Art. 1:69 Abs. 1 BW kann die Nichtigkeit einer Ehe beantragt werden, wenn die Ehepartner die Voraussetzungen der Eheschließung nicht erfüllt haben. Ein Ehepartner kann die Nichtigerklärung der Ehe beantragen, wenn diese aufgrund eines rechtswidrigen, ernsthaften Zwangs geschlossen wurde (Art. 1:71 Abs. 1 BW). Auch die Staatsanwaltschaft darf die Nichtigerklärung wegen einer Zwangsheirat beantragen, aber zuvor müssen beide Ehegatten angehört worden sein. Ein Ehepartner kann die Nichtigerklärung der Ehe auch dann beantragen, wenn er sich bei der Eheschließung über die Person des anderen Ehegatten oder über die Bedeutung der von ihm abgegebenen Erklärung geirrt hat (Art. 1:71 Abs. 2 BW). Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann eine Ehe als Scheinrechtsgeschäft wegen Verletzung der niederländischen öffentlichen Ordnung für nichtig erklärt werden, wenn der Wille eines der beiden Ehepartner nicht auf die Erfüllung der gesetzlichen Ehepflichten gerichtet war, sondern vielmehr darauf, eine Aufenthaltsgenehmigung in den Niederlanden zu erlangen (Art. 1:71a BW). Die Nichtigerklärung einer Ehe, welche in Verletzung von Art. 1:32 BW geschlossen wurde, kann – solange die geistige Störung andauert – durch alle in Art. 1:69 BW genannten Personen beantragt werden. Fällt die geistige Störung weg, so kann die Nichtigerklärung nur noch durch den geistig gestörten Ehepartner beantragt werden. Haben die Ehegatten nach dem Wegfall der Störung mindestens sechs Monate zusammengelebt, kann der Antrag nicht mehr gestellt werden (Art. 1:73 BW). Liebe ist keine Ehevoraussetzung; auch wenn eine Ehe oder registrierte Partnerschaft vor allem aus steuerlichen Gründen geschlossen wird und sich beide Ehegatten darüber einig sind, ist die Ehe oder registrierte Partnerschaft gültig.
Rz. 12
Die Art. 1:37 und 38 BW bestimmen, welche Personen für die Eheschließung einer Zustimmung bedürfen und von wem sie eine solche erhalten müssen. Mangelt es an der Zustimmung einer dritten Person, kann die Nichtigerklärung der Ehe nur durch diese oder im Falle von Art. 1:38 BW durch den Kurator beantragt werden. Der Antrag ist hinfällig, wenn derjenige, der die Nichtigerklärung beantragen kann, der Ehe ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat oder wenn seit Kenntnis der Eheschließung drei Monate vergangen sind (Art. 1:75 Abs. 1 BW). Von denjenigen, die die Nichtigerklärung der Ehe beantragen können, wird vermutet, dass ihnen die Eheschließung bekannt ist, wenn sie im Inland eingegangen wurde oder wenn die Ehe außerhalb des Landes geschlossen und die Eheschließung in die Register des niederländischen Zivilstandes eingetragen wurde (Art. 1:75 Abs. 2 BW).