Verfahrensgang
VG Hannover (Urteil vom 08.04.2003; Aktenzeichen 18 A 1523/01) |
Tenor
Auf die Berufung des Vertreters der Einleitungsbehörde wird das Urteil der Disziplinarkammer bei dem Verwaltungsgericht Hannover vom 8. April 2003 geändert.
Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt.
Der Ruhestandsbeamte trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der ihm erwachsenen notwendigen Auslagen.
Dem Ruhestandsbeamten wird ein Unterhaltsbeitrag in Höhe von 75 v. H. des ihm im Zeitpunkt der Rechtskraft dieser Entscheidung zustehenden Ruhegehalts auf die Dauer von sechs Monaten bewilligt.
Tatbestand
I.
Der 1964 geborene Ruhestandsbeamte besuchte zwischen 1970 und 1979 die Grund- und Hauptschule und erwarb 1981 an der Realschule den erweiterten Sekundarabschluss I.
Am 1. April 1982 trat er als Polizeihauptwachtmeister-Anwärter in den Polizeivollzugsdienst des Landes Niedersachsen ein. Mit Wirkung vom 1. Oktober 1984 wurde er zum Polizeihauptwachtmeister z. A. ernannt. Zum 1. April 1986 erfolgte die Ernennung zum Polizeihauptwachtmeister. Am 18. April 1991 wurde der Ruhestandsbeamte in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen. Am 23. Dezember 1992 wurde er zum Polizeimeister ernannt.
Entscheidungsgründe
II.
Mit Verfügung vom 16. April 1996 leitete die Polizeidirektion C. disziplinarische Vorermittlungen gegen den Ruhestandsbeamten mit der Begründung ein, dieser sei nach einer 1994 durchgeführten Alkoholentziehungstherapie rückfällig geworden. Diese Vorermittlungen wurden mit Verfügung vom 17. Mai 1996 auf das alkoholbedingte Fernbleiben vom Dienst ausgedehnt.
Am 22. August 1996 verursachte der Ruhestandsbeamte einen Verkehrsunfall. Daraufhin verurteilte ihn das Amtsgericht D. durch rechtskräftigen Strafbefehl vom 1. Oktober 1996 wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 45 Tagessätzen zu je 80,– DM.
Mit Verfügung vom 5. Dezember 1996 leitete die Polizeidirektion C. das förmliche Disziplinarverfahren gegen den Ruhestandsbeamten ein und enthob ihn zugleich vorläufig des Dienstes. Dem Ruhestandsbeamten wurde zur Last gelegt, nach der 1994 durchgeführten Alkoholentziehungstherapie wieder in die nasse Phase der Alkoholabhängigkeit zurückgefallen zu sein. Außerdem sei er mehrfach ungenehmigt dem Dienst ferngeblieben und habe keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt. Darüber hinaus habe er am 22. August 1996 – ohne im Besitz einer Fahrerlaubnis zu sein – unter Alkoholeinwirkung einen Verkehrsunfall verursacht. Schließlich habe er eine Jugendliche am Hauptbahnhof E. aufgegriffen, unter Vorlage seines Dienstausweises zu einem Jugendzentrum gebracht und anschließend gegen ihren Willen von dort wieder mitgenommen.
Durch rechtskräftigen Strafbefehl vom 12. März 1997 verurteilte das Amtsgericht C. den Ruhestandsbeamten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in 18 Fällen zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 50,– DM.
Mit Verfügung vom 11. Juni 1997 ordnete die Polizeidirektion C. die Einbehaltung von 30 % der Dienstbezüge des Ruhestandsbeamten an. Außerdem wurde das Disziplinarverfahren auf das Fahren ohne Fahrerlaubnis ausgedehnt.
Mit Beschluss vom 26. November 1997 holte die Untersuchungsführerin ein fachärztliches Gutachten des Landeskrankenhauses F. dazu ein, ob der Ruhestandsbeamte nach der 1994 durchgeführten Alkoholentziehungstherapie infolge seelischer Störungen im Sinne der §§ 20 und 21 StGB außerstande war, abstinent zu leben und einen Rückfall in den Alkoholmissbrauch zu vermeiden, und ob der Ruhestandsbeamte nach seiner geistigen Verfassung Bedeutung und Tragweite des Disziplinarverfahrens erfassen und sich sachgerecht verteidigen kann.
In seinem Gutachten vom 23. Februar 1998 gelangte der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. G. nach einer testpsychologischen Untersuchung des Ruhestandsbeamten zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen der §§ 20 f. StGB nicht vorlägen. Der Ruhestandsbeamte sei aber aufgrund seiner Kritik- und Urteilsminderung, seiner fehlenden Einsicht, seiner gestörten Beziehung zur Realität und einer Interesseneinengung nicht in der Lage, sich sachgerecht zu verteidigen.
Daraufhin bestellte das Amtsgericht D. durch Beschluss vom 8. Mai 1998 einen Betreuer zwecks Wahrnehmung der Rechte des Ruhestandsbeamten in einem förmlichen Disziplinarverfahren.
Anschließend stellte die Polizeidirektion C. das Disziplinarverfahren gegen den Ruhestandsbeamten durch Verfügung vom 22. Juli 1998 wegen eines Verfahrensfehlers nach § 63 Abs. 1 Nr.1 NDO ein. Zugleich leitete sie ein neues förmliches Disziplinarverfahren ein, in dem sie dem Ruhestandsbeamten den Rückfall in die Alkoholabhängigkeit, das Führen eines Pkw im öffentlichen Verkehr unter Alkoholeinfluss, fortgesetztes Führen eines Pkw ohne Fahrerlaubnis und ungenehmigtes Fernbleiben vom Dienst zur Last legte.
Mit Verfügung vom 25. September 1998 enthob die Polizeidirektion C. den Ruhestandsbeamten vorläufig des Dienstes und ordnete die Einbehaltung v...