rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewährung von AdV – Anforderung einer Sicherheitsleistung
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen der AdV gemäß § 69 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 FGO.
- Nachdem das Nds. FG im Hauptsacheverfahren (Urt. v. 18.10.2007 5 K 137/07, EFG 2008, 256) umfangreich begründet hat, warum die Neufassung des § 4 Nr. 9b UStG nicht im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht steht, bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Neuregelung nicht mehr.
- Die AdV kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die künftige Durchsetzung des Steueranspruchs im Falle des Unterliegens des Stpfl. im Hauptsacheverfahren gefährdet ist. Das ist zu bejahen, wenn die Astin. selbst ausführlich ihre schwierige wirtschaftliche Lage darlegt.
- Von der Anforderung einer Sicherheitsleistung ist in einem solchen Fall ausnahmsweise nur dann abzusehen, wenn der angefochtene VA mit Sicherheit oder großer Wahrscheinlichkeit rechtswidrig ist und mit seiner Aufhebung gerechnet werden kann.
- Entstehen die streitigen Steuerforderungen bei Anwendung des nationalen USt-Rechts laufend, ist es für den Stpfl. zumutbar, dass die laufenden Umsatzerlöse in dem Umfang zurückbehalten und als Sicherheit zur Verfügung gestellt werden, in dem ansonsten USt nach dem nationalen USt-Recht zu entrichten wäre.
Normenkette
FGO § 69; UStG § 4 Nr. 9b
Streitjahr(e)
2007
Tatbestand
Die Antragstellerin, eine GmbH, erzielt Umsätze mit Geldspielgeräten sowie mit Unterhaltungsgeräten.
Für den Umsatzsteuervoranmeldungszeitraum November 2007 reichte die Antragstellerin zwei Umsatzsteuervoranmeldungen ein: Eine Voranmeldung auf der Grundlage des § 4 Nr. 9 b UStG in der Gesetzesfassung vom 28. April 2006, wonach die Umsätze mit Geldspielgeräten steuerpflichtig sind, sowie eine weitere, als Einspruchsbegründung bezeichnete Voranmeldung, in der sie diese Umsätze als steuerfrei behandelte. Im beigefügten Einspruchsschreiben verwies sie auf einen Aussetzungsbeschluss des FG Düsseldorf, wonach ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Vereinbarkeit des § 4 Nr. 9 b UStG mit Art. 13 Teil B f) 6. EG-Richtlinie bestehen würden. Gleichzeitig beantragte die Antragstellerin Aussetzung der Vollziehung (AdV) in Höhe von 3.024,16 €.
Der Antragsgegner gewährte mit Schreiben vom 22. Januar 2008 lediglich AdV gegen Sicherheitsleistung. Den weitergehenden Antrag – AdV ohne Sicherheitsleistung – lehnte er ab.
Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrem bei Gericht gestellten AdV-Antrag. Sie trägt vor, dass sie aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation nicht in der Lage sei, die angeforderte Sicherheit zu stellen. Der Jahresabschluss der Antragstellerin auf den 31.12.2006 habe mit einem nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 189.871,34 € geendet. Der Jahresüberschuss 2006 resultiere im Wesentlichen auf Anlageverkäufen. Für das Jahr 2007 ergebe die betriebswirtschaftliche Auswertung jedoch einen Verlust von 24.397,26 €, für Januar 2008 ergebe sich ein weiterer Verlust von 3.873,41 €. Der Kontokorrentkredit der Antragstellerin sei weitgehend ausgeschöpft. Die Kreissparkasse sei nicht bereit, den Kreditrahmen auszuweiten. Aus dieser wirtschaftlichen Situation ergebe sich, dass die Antragstellerin eine Sicherheitsleistung weder aus eigenen Geldmitteln stellen könne, noch eine Bankbürgschaft erbringen könne.
Die Anforderung einer Sicherheitsleistung stehe als Ermessensentscheidung unter dem Übermaßverbot und insbesondere dem Gebot der Verhältnismäßigkeit. Eine Sicherheitsleistung dürfe nicht gefordert werden, wenn und soweit es dem Steuerpflichtigen trotz zumutbarer Anstrengung nicht möglich sei, Sicherheit zu leisten. Bei Versagung der AdV ohne Sicherheitsleistung sei die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft bedroht.
Die Antragstellerin beantragt,
die Vollziehung des Umsatzsteuervorauszahlungsbescheides November 2007 ohne Sicherheitsleistung auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsgegner hält die Aussetzung gegen Sicherheitsleistung für geboten. Die Steuerforderungen seien bei Gewährung von AdV ohne Sicherheitsleistung gefährdet. Die Antragstellerin erkläre letztlich selbst, dass die Steuerforderungen im Falle einer abschlägigen Entscheidung nicht beglichen werden könnten. Da nicht absehbar sei, wann der BFH über die hier einschlägige Rechtsfrage entscheide, würden bei Vollziehungsaussetzung ohne Sicherheitsleistung laufend weitere offene Beträge auflaufen.
Die Antragstellerin habe nicht nachgewiesen, dass sie trotz zumutbarer Anstrengung eine Sicherheitsleistung nicht leisten könne. Es könne im Übrigen erwartet werden, dass die Antragstellerin aus ihren Tageseinnahmen Geldmittel in Höhe der nach nationalem Recht entstandenen Umsatzsteuer als Sicherheit zur Verfügung stelle.
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist unbegründet.
Die Aussetzung der Vollziehung soll gemäß § 69 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz FGO erfolgen, wenn ernstliche Zw...