rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit der Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr bei Tätigwerden des Anwalts im außergerichtlichen Verwaltungsverfahren
Leitsatz (redaktionell)
Zur Anrechnung einer Geschäftsgebühr auf die vom Erinnerungsführer geltend gemachte Verfahrensgebühr im außergerichtlichen Verwaltungsverfahren.
Normenkette
RVG §§ 15a, 45
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) anzusetzenden Vergütung.
Der Erinnerungsführer hatte im Hinblick auf die Bewilligung von Kindergeld die rechtlichen Interessen seiner Mandantin vertreten, und zwar zunächst im Rahmen eines bei der Familienkasse Osnabrück geführten Einspruchsverfahrens und, nach Erlass der unter dem 30. Juni 2009 ergangenen Einspruchsentscheidung, auch als Prozessvertreter im Klageverfahren (9 K 254/09). Für dieses Verfahren war der Mandantin des Erinnerungsführers mit Beschluss vom 7. Dezember 2009 Prozesskostenhilfe gewährt und der Erinnerungsführer als Prozessvertreter beigeordnet worden.
Die Klage hatte teilweise Erfolg (vgl. Urteil des Niedersächsischen FG vom 26. Januar 2010 - 9 K 254/09, n.v.)
In seinem Antrag vom 22. Februar 2010 bat der Erinnerungsführer unter Berufung auf die Regelungen der §§ 45 ff. RVG und auf das dazu erstellte Vergütungsverzeichnis (VV-RVG) um die Festsetzung von Gebühren i.H.v. 276,68 €. Darin enthalten war eine Verfahrensgebühr (Vergütungsverzeichnis Nr. 3100) in Höhe von 110, 50 € (§§ 45, 49 RVG).
Im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 4. März 2010 rechnete der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Geschäftsgebühr aus Nr. 2400-2402 VV RVG gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens an (50% v. 618,00 €), da der Erinnerungsführer die Angelegenheit zunächst außergerichtlich und dann gerichtlich betrieben hatte. Infolge der Anrechnung erfolgte der Ansatz der Verfahrensgebühr mit 0,00 €.
Im Erinnerungsverfahren begehrt der Erinnerungsführer die beantragten Kostenansätze. Er wendet sich gegen die erfolgte Anrechnung der Geschäftsgebühr und beruft sich insoweit im Wesentlichen auf den am 5. August 2009 in Kraft getretenen § 15a RVG. Diese Vorschrift sei nach der Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 2. September 2009 - II ZB 35/07, DStR 2009, 2062) auch für Altfälle anwendbar. Danach finde eine Anrechnung der außergerichtlichen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr nicht statt, es sei denn, die Ausnahmeregelung des § 15a Abs. 2 RVG greife. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die Erinnerungsgegnerin habe insoweit auf die Geschäftsgebühr im Einspruchsverfahren keine Zahlungen geleistet. Bezüglich des weiteren Vorbringens wird auf die Schriftsätze vom 2. März 2010, 9. März 2010 und 12. April 2010 Bezug genommen.
Die Erinnerungsgegnerin hat sich nach Inkrafttreten des § 15a RVG mit Schreiben vom 9. November 2009 – grundsätzlich – auf die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr berufen in Fällen, in denen der Prozessbevollmächtigte sowohl im Verwaltungs- als auch im Klageverfahren tätig gewesen ist.
Die Erinnerungsgegnerin hat der Erinnerung nicht abgeholfen. Sie ist der Auffassung, dass für die Anrechnung ohne Bedeutung sei, ob die Geschäftsgebühr auf materiell-rechtlicher Grundlage vom Prozessgegner zu erstatten und ob sie unstreitig, geltend gemacht, tituliert oder bereits beglichen sei. Zur weiteren Begründung wird auf den Schriftsatz vom 23. Februar 2010 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1. Die Erinnerung ist unbegründet.
Die im angefochtenen Beschluss vom 4. März 2010 enthaltene Anrechnung einer Geschäftsgebühr auf die vom Erinnerungsführer geltend gemachte Verfahrensgebühr ist zunächst dem Grunde und der Höhe nach rechtmäßig. Sie beruht auf den Vorbemerkungen zu Teil 3 VV-RVG (Abs. 4), nach deren Inhalt die teilweise Anrechnung einer Geschäftsgebühr geboten ist, wenn ein Anwalt bereits im außergerichtlichen Verwaltungsverfahren tätig gewesen ist.
a. Diese Regelung gilt grundsätzlich auch für Vergütungen, die im Verfahren zur Prozesskostenhilfe aus der Staatskasse zu entrichten sind (§ 45 RVG; vergl. dazu auch die Beschlüsse des Landesarbeitsgerichts – LAG – Düsseldorf vom 2. November 2007 - 13 Ta 181/07, RVGreport 2008, 142, des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 25. April 2008 - 13 OA 63/08, abrufbar bei juris, des Finanzgerichts – FG – Düsseldorf vom 1. Juli 2008 - 18 Ko 382/08 KF, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2008, 1665, des OLG Braunschweig vom 12. September 2008 - 2 W 358/08, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 2009, 718, des Hamburgischen OVG vom 5. November 2008 - 4 So 134/08, Das Juristische Büro 2009, 137, des OLG Düsseldorf vom 27. Januar 2009 - I-10 W 120/08, JurBüro 2009, 188 und des Hessischen LAG vom 7. Juli 2009 - 13 Ta 302/09, RVGreport 2009, 305), denn die VV-RVG enthalten insoweit keine abweichenden Regelungen.
b. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der ab 5. August 2009 gültigen Regelung des § 15a RVG.
aa. Zum einen folg...