rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässige Rückwirkung der Verlustabzugsbeschränkung nach § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG 1996; keine gründungsgeborene wesentliche Beteiligung durch unentgeltlichen Hinzuerwerb gründungsgeborener Anteile

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Beschränkung des Verlustabzugs in § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken und verstößt insbesondere nicht gegen das Rückwirkungsverbot (Art. 20 Abs. 3 GG).
  2. § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG entfaltet Rückwirkung insofern, als durch die Regelung auch die steuerliche Abzugsfähigkeit von Verlusten aus der Veräußerung wesentlicher Beteiligungen eingeschränkt wird, die der Steuerpflichtigen im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vorschrift bereits besaß. Hierbei handelt es sich um eine zulässige unechte Rückwirkung.
 

Normenkette

EStG § 17 Abs. 2 S. 4; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3

 

Streitjahr(e)

1996

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Verlust aus der Veräußerung von Geschäftsanteilen an einer Kapitalgesellschaft nach § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) abzugsfähig ist.

Der Kläger hielt bis zum 19. Dezember 1996 Geschäftsanteile in Höhe von 120.000 DM an derH-GmbH, die er wie folgt erworben hatte:

Bei Gründung der Gesellschaft am 23.4.1992 erwarb er entgeltlich

9.000 DM.

Das entsprach 16,67% (= 1/6) des Stammkapitals von 54.000 DM.

Im Rahmen der ersten Kapitalerhöhung am 19.3.1993, durch die

das Kapital um 150.000 DM erhöht wurde, erwarb er entgeltlich

25.000 DM.

Damit war er am Stammkapital von 204.000 DM mit 16,67% (= 1/6) oder

34.000 DM.

beteiligt.

Im Rahmen der zweiten Kapitalerhöhung am 5.2.1994, durch die

das Kapital um 170.000 DM erhöht wurde, erwarb er entgeltlich

34.000 DM.

Damit war er am Stammkapital von 374.000 DM mit 18,18% oder

68.000 DM.

beteiligt.

Am 24.6.1995 erwarb er von seiner Mutter im Wege vorweggenommener Erbfolge unentgeltlich

34.000 DM.

Hiervon hatte seine Mutter 9.000 DM (= 16,67% der Geschäftsanteile) im Rahmen der Gesellschaftsgründung und 25.000 DM im Rahmen der ersten Kapitalerhöhung vom 19.3.1993 erworben.

Am 24.6.1995 erwarb er außerdem im Rahmen der dritten Kapitalerhöhung, durch die das Kapital um 104.000 DM erhöht wurde, entgeltlich Geschäftsanteile in Höhe von

18.000 DM

.

Damit war er am Stammkapital von 478.000 DM mit 25,01% oder

120.000 DM

.

beteiligt.

Am 6. Januar 1996 fand eine Gesellschafterversammlung der H-GmbH statt. Jeder der 4 Gesellschafter – darunter auch der Kläger - verzichtete gegenüber der Gesellschaft auf die Rückzahlung eines Darlehens in Höhe von 50.000 DM. Die Gesellschafterversammlung beschloss, den Gesamtbetrag in Höhe von 200.000 DM der Kapitalrücklage der H-GmbH zuzuführen.

Am 19. Dezember 1996 veräußerte der Kläger – ebenso wie die übrigen Gesellschafter - seine Geschäftsanteile an dieX-GmbH & Co. KG zu einem Kaufpreis von 1 DM.

Der Kläger machte in seiner Einkommensteuererklärung für 1996 einen Veräußerungsverlust nach § 17 EStG in Höhe von 169.999 DM geltend, den er wie folgt berechnete:

Veräußerungserlös

1 DM

abzüglich Anschaffungskosten der Geschäftsanteile

120.000 DM

abzüglich verlorenem Gesellschafterdarlehn

50.000 DM

Veräußerungsverlust

169.999 DM

Das Finanzamt (FA) berücksichtigte den erklärten Veräußerungsverlust in dem Einkommensteuerbescheid vom 27. Juli 1998 nicht. Eine Berücksichtigung des Verlustes nach § 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. a EStG komme nicht in Betracht, weil der Kläger im Zeitpunkt der Gesellschaftsgründung nur mit 16,67% an der Gesellschaft beteiligt gewesen sei. Die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. b EStG lägen nicht vor, weil der Kläger im Zeitpunkt der Veräußerung am 19. Dezember 1996 noch nicht fünf Jahre lang wesentlich beteiligt gewesen sei.

Den form- und fristgerechten Einspruch des Klägers wies das FA mit Einspruchsbescheid am 18. September 1998 als unbegründet zurück.

Am 20. Oktober 1998 hat der Kläger Klage erhoben. Er vertritt die Auffassung, dass der erklärte Veräußerungsverlust anzuerkennen sei. Im Streitfall hätten seine Mutter und er im Rahmen der Gründung der Gesellschaft jeweils Geschäftsanteile in Höhe von 9.000 DM (16,67%), also insgesamt Geschäftsanteile in Höhe von zusammen 18.000 DM erworben. Dies entspräche einer Quote von 33,33%. Seine Mutter habe ihm ihre Anteile unentgeltlich übertragen. Da der Kläger nach § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG in vollem Umfang in die Rechtsstellung seiner Rechtsvorgängerin eingetreten sei, müssten die ihm unentgeltlich übertragenen Anteile als Anteile gelten, die er im Rahmen der Gründung der Kapitalgesellschaft entgeltlich erworben habe. Diese Ansicht werde auch von Frotscher (Kommentar zum Einkommensteuergesetz § 17 Rn. 105 f Absätze 4 und 5) vertreten.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 1996 vom 27. Juli 1998 unter Aufhebung des Einspruchsbescheides vom 18. September 1998 dahingehend zu ändern, das Einkommensteuer 1996 auf 0 DM herabgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 29. Juli 1997 VIII R 80/94 (BFHE 184, 74, B...

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