Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurückweisung als Beistand – Unbefugte Hilfeleistung in Steuersachen
Leitsatz (redaktionell)
- Zur Zurückweisung von Bevollmächtigten und Beiständen nach § 80 Abs. 5 AO.
- Zum Vorliegen einer Hilfeleistung in Steuersachen.
- Auch Personen, die lediglich bei der Anfertigung einer Steuererklärung mitwirken, sind zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig unbefugt Hilfe in Steuersachen leisten.
Normenkette
AO § 80 Abs. 5
Streitjahr(e)
2011
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 16.06.2014; Aktenzeichen II R 54/13) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Zurückweisung der Klägerin zu 1 nach § 80 Abs. 5 der Abgabenordnung (AO) als Beistand der Klägerin zu 2 in einem Verfahren zur Festsetzung der Umsatzsteuer 2011.
Die Klägerin zu 1 wurde am 15.07.2007 als Kapitalgesellschaft britischen Rechts (Private Limited Company – Ltd. -) mit Sitz in Großbritannien gegründet. Sie unterhält Niederlassungen in …/Niederlande sowie in …/Belgien. Als Geschäftsführungsorgane („director”) handeln für sie X und der in …/Bundesrepublik Deutschland wohnhafte Y.
X gehörte und gehört nicht zu dem Personenkreis des § 3 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG). Sie war seit 1984 Mitarbeiterin bei Y und ist inzwischen Mitgesellschafterin und Direktorin der Klägerin zu 1.
Die Bestellung von Y als Steuerberater in der Bundesrepublik Deutschland ist im Jahr 2000 wegen Vermögensverfalls widerrufen worden; der Widerruf ist seit 2002 rechtskräftig:
Gegenstand der geschäftlichen Tätigkeit der Klägerin zu 1 ist u. a. die Steuerberatung und das Rechnungswesen. Mit diesem Firmenzweck ist sie in das niederländische Handelsregister eingetragen. Aus veröffentlichten Gerichtsentscheidungen (vgl. … ) sowie sechs weiteren vom Senat ebenfalls für den 24.10.2013 geladenen Verfahren, die alle die Zurückweisung der Klägerin zu 1 als Bevollmächtigte bzw. als Beistand zum Gegenstand hatten bzw. haben, ist dem Senat bekannt, dass die Klägerin zu 1 im Inland zahlreiche Mandanten in steuerlicher Hinsicht berät und für diese in steuerlichen Angelegenheiten auftritt.
Nach Auskunft der zuständigen Steuerberaterkammer Düsseldorf vom 29.05.2013 sind weder die Klägerin zu 1 noch Y und X vorübergehend gem. § 3a StBerG im Berufsregister der Steuerberaterkammer eingetragen (Bl. 1 bis 3 des Retenten S 0821 - 3/15/13 - 295 des Beklagten). Das FG Düsseldorf hat mit Urteil vom 10.04.2013 in dem Verfahren … die Klage der Klägerin zu 1 gegen die Steuerberaterkammer Düsseldorf auf vorübergehende Eintragung in das Berufsregister nach § 3a Abs. 3 StBerG abgewiesen.
Die beim Beklagten eingereichte Umsatzsteuererklärung 2011 der Klägerin zu 2, ebenfalls einer Kapitalgesellschaft britischen Rechts in der Rechtsform der Private Limited Company, enthielt in dem Feld „Bei der Anfertigung der Steuererklärung einschließlich der Anlagen hat mitgewirkt” den Namen und die Anschrift der Klägerin zu 1 als Angabe.
Durch Bescheid vom 15.02.2013 wies der Beklagte die Klägerin zu 1 unter Hinweis auf § 80 Abs. 5 AO „als Bevollmächtigte bzw. Beistand” der Klägerin zu 2 für das Umsatzsteuerfestsetzungsverfahren 2011 zurück, da sie nicht befugt sei, geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen zu leisten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird insofern auf den Zurückweisungsbescheid Bezug genommen.
Mit ihrer Klage hiergegen begehren die Kläger die Feststellung der Nichtigkeit des Zurückweisungsbescheides, hilfsweise – im Wege einer als Sprungklage erhobenen Anfechtungsklage – dessen Aufhebung. Der Beklagte, dem die Klage am 27.03.2013 zugestellt wurde, stimmte der Klage am 08.04.2013 zu, soweit es sich dabei um eine Sprungklage handelt.
Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger Folgendes vor:
Die Klägerin zu 1 sei für die Klägerin zu 2 steuerberatend tätig geworden. Der Zurückweisungsbescheid des Beklagten vom 15.02.2013 beschwere die Kläger durch Beeinträchtigung ihrer Rechte aus der EU-Dienstleistungsfreiheit des Artikel 56 des Vertrages über die Arbeitsweise der europäischen Union – AEUV -, auch in Ausgestaltung durch die EU-Richtlinien 2000/31/EG, 2005/36/EG und 2006/123/EG. Der Klägerin zu 1 werde die so genannte aktive Dienstleistungsfreiheit und der Klägerin zu 2 werde die so genannte aktive Dienstleistungsfreiheit verweigert.
Die Klägerin zu 1 sei befugt, der Klägerin zu 2 ihre Dienstleistung von ihrem Sitz in den Niederlanden aus anzubieten und sie ihr gegenüber zu erbringen. Die Klägerin zu 2 sei berechtigt, dieses Angebot anzunehmen und die Dienstleistung abzunehmen. Das bestimme das zitierte vorrangige Gemeinschaftsrecht. Die Klägerin zu 1 erfülle auch die Voraussetzungen des § 3a StBerG; sie sei auch ohne Anwendung des deutschen StBerG zur Steuerberatung befugt. Eine grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung liege nur vor, wenn der Dienstleister physisch die Grenze überschreite. Nur dann stelle sich die Frage, ob das EU-Dienstleistungsrecht anzuwenden sei oder das Niederlassungsrecht und damit auch das Recht des Mitgliedsstaates, in den sich der Dienstleis...