vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [I R 31/23)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Besonderes elektronisches Steuerberaterpostfach: Steuerberatungsgesellschaften haben das beSt seit dem 1.1.2023 zu nutzen
Leitsatz (redaktionell)
Berufsausübungsgesellschaften nach § 49 StBerG (Steuerberatungsgesellschaften) sind gem. § 52d Satz 1 und 2 FGO verpflichtet, seit dem 1.1.2023 das besondere elektronische Steuerberaterpostfach (beSt) zu nutzen.
Normenkette
FGO § 52a Abs. 4 S. 1 Nr. 2, § 52d S. 1 und 2; StBerG §§ 157e, 86d, 86e
Tatbestand
Streitig ist, ob sonstige Einkünfte des Klägers aus Renten aus den Vereinigten Staaten von Amerika dem Progressionsvorbehalt unterliegen.
Die Klageschrift der Prozessbevollmächtigten der Kläger, einer Steuerberatungsgesellschaft, ist bei Gericht am 19. Februar 2023 per Telefax eingegangen. Die Eingangsverfügung erging am 1. März 2023.
Die Klageschrift enthielt keinerlei Hinweis, dass es sich um eine Ersatzeinreichung nach § 52d Satz 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) handelt.
Mit Verfügung vom 1. März 2023 wies der Berichterstatter die Prozessbevollmächtigte auf die seit 1. Januar 2023 für Steuerberatungsgesellschaften geltende Vorschrift des § 52d FGO hin. Diesen Hinweis erhielt die Prozessbevollmächtigte noch am selben Tag per Telefax. Mit Schriftsatz vom 9. März 2023 erklärte sie, dass bei der Kanzlei aktuell die Voraussetzungen zur Einrichtung des elektronischen Steuerberaterpostfachs nicht vorlägen. Die Bundessteuerberaterkammer habe den erforderlichen Registrierungscode noch nicht übersandt.
In der Sache sind die Kläger der Ansicht, dass Renten des Klägers aus den Vereinigten Staaten von Amerika in Deutschland nicht dem Progressionsvorbehalt unterlägen.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid für 2018 vom 31. März 2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. Januar 2023 dahingehend abzuändern, dass die Einkommensteuer mit einem Betrag i.H.v. 4.514 EUR, mithin 2.079 EUR niedriger als bisher, festgesetzt wird.
Der Beklagte hat bisher keinen Antrag angekündigt.
Entscheidungsgründe
I. Das Gericht entscheidet durch Gerichtsbescheid gemäß § 90a FGO, da ausschließlich über Rechtsfragen zu entscheiden ist und eine mündliche Verhandlung keine weiteren Erkenntnisse verspricht.
II. Die Klage ist unzulässig.
Die Klageschrift ist nicht wirksam als elektronisches Dokument angebracht worden und die tatsächlich erfolgte Übermittlung per Telefax stellt keine wirksame Ersatzeinreichung dar.
1. Grundsätzlich durfte die Prozessbevollmächtigte der Kläger als Steuerberatungsgesellschaft die Klage gemäß §§ 52d Sätze 1 und 2, 52a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FGO i.V.m. §§ 86d, 86e, 157e des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) seit dem 1. Januar 2023 nur als elektronisches Dokument anbringen.
a) Die Schriftform wird im Anwendungsbereich des § 52d FGO durch die elektronische Form verdrängt. Ein Dokument, das unter Verstoß gegen die Pflicht zur elektronischen Übermittlung in Papierform oder als Telefax übermittelt worden ist, gilt prozessrechtlich als nicht eingereicht. Die in dem Dokument enthaltenen Prozesshandlungen sind unwirksam. Im Falle der Klage erfolgt eine Abweisung durch Prozessurteil (BT-Drs. 17/12634, 27; Finanzgericht Münster, Beschluss vom 22. Februar 2022, 8 V 2/22, EFG 2022, 592; Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. März 2022, 8 V 8020/22, EFG 2022, 846; Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. Juli 2022, 9 K 9009/22, EFG 2022, 1665; Finanzgericht Köln, Urteil vom 19. Mai 2022, 6 K 1883/21, EFG 2022, 1389; Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. Oktober 2022, 4 K 1341/22, EFG 2023, 65; Schmieszek, in Gosch, AO/FGO, § 52d FGO Rz 7 f.; Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 52d FGO Rz 1 f. m.w.N.; vgl. zur Behandlung als Zulässigkeitsvoraussetzung und Unwirksamkeit auch: Beschluss des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 27. April 2022, XI B 8/22, BFH/NV 2022, 1057; BFH-Beschluss vom 23. August 2022, VIII S 3/22, BFH/NV 2022, 1248; Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 20. März 2023 7 K 183/22, juris).
b) Gemäß § 86e StBerG in Verbindung mit § 157e StBerG, der Anwendungsvorschrift dazu, besteht nach Ablauf des 31. Dezember 2022 für Berufsausübungsgesellschaften eine aktive Nutzungspflicht des besonderen Steuerberaterpostfaches (beSt) und damit zur Übermittlung einer Klage an das Finanzgericht gemäß § 52d Sätze 1 und 2 FGO (vgl. Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe vom 7. Juli 2021; BGBl I 2021, 2363, mit dem u.a. die §§ 86d, 86e, 157e StBerG angepasst worden sind; s.a. BFH-Beschluss vom 27. April 2022 XI B 8/22, BFH/NV 2022, 1057; BFH-Zwischenurteil vom 25. Oktober 2022 IX R 3/22, BStBl II 2023, 267; Peters, jurisPR-SteuerR 45/2022 Anm. 2; Pohl, Stbg 2022, 385, 390; Schumann, DStZ 2023, 312).
aa) Es kommt für die aktive Nutzungspflicht nicht darauf an, ob der Registrierungs...