Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonderausgabenabzug bei Versorgungsverträgen
Leitsatz (redaktionell)
Bei fehlender zeitnaher Umsetzung einer in einem Versorgungsvertrag vereinbarten Erhöhung der Barleistungen scheidet ein Sonderausgabenabzug aus.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a
Streitjahr(e)
2009, 2010, 2011, 2012
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Abzug von Altenteilsleistungen als Sonderausgaben.
Die Kläger sind Eheleute und werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erwirtschaftete in den Streitjahren Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Der land- und forstwirtschaftliche Betrieb wurde bis zum Jahr 2009 durch den Kläger gemeinsam mit dessen Mutter, Frau G.M., in der Rechtsform eine KG, der M. KG geführt.
Am 07.08.2009 schlossen der Kläger und seine Mutter unter Beteiligung des Vaters und der Geschwister der Kläger einen notariell beurkundeten Hofübergabe- und Altenteilsvertrag und Erbverzichtsvertrag. Gegenstand des Vertrages war nach dessen § 4 Abs. 1 insbesondere der Übergang des Hofes auf den Kläger. Weiterhin enthielt der Vertrag in § 6 die folgende Altenteilregelung:
"(1) Als Gegenleistung für die Übertragung des in § 1 dieses Vertrages näher bezeichneten Grundbesitzes und Hofeszubehörs übernimmt der Übernehmer zugunsten des Übergebers und der Erschienenen zu 2 (Altenteiler) gemäß § 428 BGB mit Wirkung zum Tag der Übergabe ohne Verpflichtung zur Mitarbeit als Altenteil neben den folgenden Zahlungspflichten die zu (2) - (7) folgende weiteren Verpflichtungen, die er im Falle einer Weiterübertragung des Hofes seinen Rechtsnachfolgern aufzuerlegen hat:
a) Zahlung eines monatlichen Barbetrages von € 200,00 (in Worten: EURO zweihundert) ab dem 01.07.2009, jeweils bis zum 15. eine jeden Monats an die Übergeber; ab dem 65. Lebensjahr des Altenteilers O.M. erhöht sich der monatliche Barbetrag auf € 300,00 (in Worten: dreihundert).
[…]“
Bei dem in der zitierten Klausel genannten ”Erschienenen zu 2“ handelt es sich um den Vater des Klägers, Herrn O.M.. Dieser wurde am ...07.1946 geboren. Die Kläger zahlten in den Streitjahren durchgehend den Betrag von 200 € an die Eltern des Klägers. Eine Erhöhung des Zahlbetrages auf dann 350 € monatlich wurde erst zum Februar 2013 vorgenommen.
In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machten die Kläger zunächst keine Sonderausgaben für die Zahlungen gemäß der Altenteilsregelung geltend. Das beklagte Finanzamt (im Folgenden: FA) erließ entsprechend den eingereichten Erklärungen jeweils Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen.
Gemäß Prüfungsanordnung vom 17.02.2015 führte das beklagte FA beim Kläger eine Betriebsprüfung für die Veranlagungszeiträume 2010-2012 durch. Mit Prüfungsanordnung vom 29.04.2015 wurde der Prüfungszeitraum auf das Streitjahr 2009 erweitert. Im Rahmen der Prüfung wurde durch den Kläger erstmals der Abzug der Altenteilsleistungen von monatlich 200 € geltend gemacht. Hierzu wurden unter anderem Kontoauszüge für das Privatkonto der Klägerin vorgelegt, aus denen sich monatliche Zahlungen von 200 € an Frau G.M. ergaben. Die Prüferin kam zu dem Ergebnis, dass es sich bei diesen Zahlungen nicht um Zahlungen für das Altenteil handele. Auch die vertraglich vereinbarte Erhöhung um 100 € sei nicht durchgeführt worden. Ein Sonderausgabenabzug sei daher nicht zu gewähren.
Das FA erließ daraufhin am ...07.2017 nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre, in denen die monatlichen Zahlungen nicht als Sonderausgaben berücksichtigt wurden. Hiergegen legten die Kläger am ...08.2017 Einspruch ein. Diesen begründeten sie damit, dass die Versorgungsleistungen an die Altenteiler durch die Zahlung von monatlich 200 €, ab dem 01.02.2013 350 €, erbracht worden sei. Zudem seien Telefonkosten von 200 € im Jahr und die Nebenkosten des Wohnrechts übernommen worden. Diese übernommenen Nebenkosten hätten folgende Beträge umfasst:
2009: 1.569,41 €,
2010: 1.572,91 €,
2011: 1.732,91 €,
2012: 1.757,71 €.
Die Nebenkosten zum Wohnrecht und die Telefonkosten 2009 bis 2012 würden erstmalig als Sonderausgaben geltend gemacht. Der Umstand, dass die baren Versorgungsleistungen vom Privatkonto der Ehefrau erbracht worden seien, sei für die Frage der Vertragserfüllung nach dem Hofübergabevertrag und damit auch den Sonderausgabenabzug unschädlich. Die Kläger würden zusammen veranlagt und daher wie ein Steuerpflichtiger behandelt. Zudem sei der Kläger für das betreffende Konto ebenfalls verfügungsberechtigt. Für die Frage der Anerkennung des Sonderausgabenabzugs bei Versorgungsleistungen sei auf das Vorhandensein des Rechtsbindungswillens der Parteien abzustellen. Eine eventuelle Abweichung vom Vereinbarten sei im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung von Bedeutung. Grundsätzlich müsse sich der erforderliche Rechtsbindungswille auf sämtliche für einen Versorgungsvertrag typusprägenden Leistungen beziehen. Ein Rechtsbindung...