vorläufig nicht rechtskräftig
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [X R 35/05)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Neben § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist eine weitere Privatentnahme für Fahrten bei anderen Einkunftsarten nicht möglich
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 2, 3 EStG handelt es sich um eine verfassungsgemäße Typisierung des Gesetzgebers.
2. Die sog. 1%-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 ff. EStG beinhaltet eine abschließende Regelung, von der auch Aufwendungen im Zusammenhang mit den Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Nr. 4 bis 7 EStG erfasst sind. Weitere Privatentnahmen für Fahrten bei anderen Einkunftsarten sind neben der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG nicht möglich.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1 S. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb des Klägers neben den Entnahmen für die private Nutzung eines Kfz i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG (Einkommensteuergesetz) (sog. 1 % Regelung) auch noch eine Privatentnahme wegen der Nutzung des betrieblichen Pkw`s für Fahrten des Klägers, die als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zu erfassen sind, zu berücksichtigen ist.
Der Kläger erzielt Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit als Prokurist. Diesbezüglich fährt er arbeitstäglich von seinem Wohnsitz in B. nach W. In seiner Einkommensteuererklärung hat er hier Werbungskosten nach den geltenden Pauschbeträgen für Fahrten Wohnung/ Arbeitsstätte geltend gemacht. Weiterhin erzielt er Einkünfte aus Gewerbebetrieb, indem er in Räumlichkeiten seiner Ehefrau (Klägerin) die sich in L. befindet, eine Schankwirtschaft betreibt. Im Streitjahr hat er zwei im Betriebsvermögen befindliche PKW genutzt. In der Gewinnermittlung hat er eine Entnahme für die private Nutzung dieser Kfz, die er dem Betriebsvermögen zugeordnet hat, gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 ff EStG nach der so genannten 1 %-Regelung erfasst.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde durch den Beklagten neben der 1 % Regelung nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG eine Privatentnahme für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in W. erfasst, und der Gewinn entsprechend erhöht. Die weitere Privatentnahme wurde nach dem Verhältnis der auf die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte entfallenen Kilometer im Verhältnis zur Gesamtfahrleistung und den tatsächlichen Kosten berechnet. Demnach entfielen im Streitjahr 48,80 % der Fahrleistung auf die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.
Der Kläger macht geltend, dass neben der Privatentnahme nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 EStG eine weitere Entnahme nicht anzusetzen sei. Diese stehe weder mit dem Einkommensteuergesetz noch mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Einklang. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG sei eine vereinfachte Bewertung der privaten Nutzung des betrieblichen Kfz`s mit der 1 %-Methode bezweckt worden. Hierbei handele es sich um eine grundsätzlich zwingende grobtypisierende und pauschalierende Bewertungsregelung die auch als verfassungsgemäß angesehen werde. Diese Vorschrift regele den Wertansatz für die private Nutzung eines betrieblichen Kfz abschließend.
Nach der Verfügung der OFD Frankfurt vom 23.12.1998 (S 2145 A-15-S-II 20) seien sämtliche Privatfahrten abgegolten. Auch nach der Verfügung der OFD Erfurt vom 27. Januar 1999 (S 2177 A-01-St 324) seien durch die 1 %-Regelung alle nicht für den Arbeitgeber ausgeführten Fahrten abgegolten. Es seien auch sämtliche andere Aufwendungen z. B. Unfallkosten abgegolten.
Auch bei der Führung von Fahrtenbüchern für die Erfassung des Privatanteils der Kfz-Kosten werde nach der einschlägigen Verwaltungsanweisung nur zwischen betrieblichen und privaten Fahrten unterschieden, nicht auch zwischen privaten Fahrten und solchen im Zusammenhang mit anderen Einkunftsarten.
Der Beklagte macht geltend, dass durch die sog. 1 %-Regelung nicht sämtliche betriebsfremden Nutzungen abgegolten seien. § 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG erfasse nur Fahrten Wohnung-Betriebsstätte. Dies habe zur Folge, dass die Fahrten Wohnung-Arbeitsstätte nicht abgegolten seien. Die 1 % Regelung betreffe vielmehr nur Fahrten, die von der jeweiligen Einkunftsart erfasst seien bzw. reine Privatfahrten darstellten. Insoweit liege eine Lücke im Gesetz vor. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Kläger bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit auch Werbungskosten für die Fahrten Wohnung-Arbeitsstätte geltend gemacht habe. Die von ihm vertretene Auffassung stünde auch in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung der Oberfinanzdirektion Hannover (S 2227-323-StH221). Die vom Klägervertreter zitierten Verfügungen seien zur Behandlung von Unfallkosten ergangen und hier nicht einschlägig.
Entscheidungsgründe
1. Der Beklagte hat zu Unrecht neben der Privatentnahme nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 ff EStG eine weitere Privatentnahme für die Fahrten Wohnung/Arbeitsstätte der Besteuerung unterworfen.
a. Nach §§ 4 Abs. 1 S. 2, 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 EStG sind Entnahmen der Steue...