Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung an einem Kasernenbefehl
Verfahrensgang
VG Braunschweig (Beschluss vom 23.01.1990; Aktenzeichen 10 A 51/89) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluß des Verwaltungsgerichts Braunschweig – Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen – vom 23. Januar 1990 geändert.
Der Antrag des Antragstellers wird abgelehnt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
Der Antragsteller erstrebt die Feststellung seines Mitbestimmungsrechts an einem Kasernenbefehl.
Er ist eine von vier Personalvertretungen, die beim Luftwaffenausbildungsregiment … in der Kaserne Fliegerhorst Goslar nebeneinander bestehen. Außer dem Antragsteller handelt es sich um je einen Personalrat bei den beiden Bataillonen und um den Personalrat der Standortverwaltung. Einer der beiden Bataillonskommandeure, der Beteiligte zu 2., hat zugleich die Funktion des Kasernenkommandanten. Der Stabs- und Versorgungszug besteht aus etwa 260 Personen, 150 hiervon sind Soldaten. Die übrigen 110 zivilen Beschäftigten vertritt der Antragsteller.
Um den Bewachungsaufwand in der Bundeswehr auf das zwingend notwendige Maß zurückzuführen, beabsichtigte der Kasernenkommandant, nur noch das Kasernenhaupttor unter Aufrechterhaltung eines 24-stündigen Wachdienstes geöffnet zu halten, Nebentore (hier: Ostwache) aber schließen zu lassen. Nachdem die übrigen Personalräte dem bereits zugestimmt hatten, bat er am 3. August 1989 schriftlich auch den Antragsteller, der Schließung der Ostwache zuzustimmen. Mit Schreiben vom 16. August 1989 verweigerte der Antragsteller seine Zustimmung und regte deren Offenhaltung zu Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit für jeweils 30 Minuten an, da die Arbeitszeit mit dem Passieren der Wache beginne und sonst mit erheblichen Arbeitsverlusten zu rechnen sei. Gleichwohl erließ der Beteiligte zu 2. bereits am selben Tag den Kasernenbefehl Nr. 4/89 über die Umstellung des Wachdienstes auf dem Fliegerhorst … am 1. September 1989, der einen 24-stündigen Wachdienst mit Wachwechsel um 6.40 Uhr sowie die Bewachung nur eines Tores vorsah.
Der Antragsteller hat daraufhin am 8. November 1989 das Verwaltungsgericht angerufen und beantragt,
festzustellen, daß der Erlaß des Kasernenbefehls 4/89 des Kasernenkommandanten, Oberstleutnant … vom 16. August 1989 das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers verletzt.
Die Beteiligten zu 1. und 2. haben beantragt,
den Antrag zurückzuweisen,
und geltend gemacht: Zwar erfülle die im Befehl getroffene Anordnung, das Kasernennebentor künftig geschlossen zu halten, den Mitbestimmungstatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 15 BPersVG. Die Maßnahme habe jedoch nicht der Beteiligte zu 1. als Regimentskommandeur, sondern der Kasernenkommandant in eigener Verantwortung erlassen. Als Regimentskommandeur in eigener Verantwortung komme dem Beteiligten zu 1. zugleich die Funktion des personalvertretungsrechtlichen Ansprechpartners zu; er sei Dienststellenleiter. Demgegenüber sei der Kasernenkommandant nicht Leiter einer militärischen Dienststelle. Zum Kasernenkommandanten werde regelmäßig der dienstälteste Vorgesetzte der im Kasernenbereich untergebrachten Truppenteile ernannt, der damit lediglich einen besonderen Aufgabenbereich im Sinne von § 3 der Vorgesetztenverordnung erhalte. Maßnahmen eines Bataillonskommandeurs, die dieser in seiner nebenamtlichen Funktion als Kasernenkommandant treffe, könnten dem Regimentskommandeur als dem berufenen personalvertretungsrechtlichen Ansprechpartner nicht zugerechnet werden.
Mit Beschluß vom 23. Januar 1990 hat das Verwaltungsgericht dem Antrag des Antragstellers stattgegeben, im wesentlichen aus folgenden Gründen: Der zulässige Antrag sei begründet. Der strittige Kasernenbefehl erfülle den Mitbestimmungstatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 15 BPersVG. Die Maßnahme diene nicht spezifisch der Erfüllung der Aufgaben der Bundeswehr, sondern vielmehr in erster Linie dazu, den reibungs- und störungsfreien Dienstablauf auf dem Kasernengelände trotz verringerten Bewachungsaufwandes zu sichern. Die Mitbestimmungspflichtigkeit entfalle auch nicht deshalb, weil die Maßnahme in Form eines Kasernenbefehls von dem Beteiligten zu 2. in dessen eigener Verantwortung erlassen worden sei. Als Kasernenkommandant sei der Beteiligte zu 2. personalvertretungsrechtlich „Dienststelle”. Die für die Beurteilung der Dienststelleneigenschaft maßgeblichen Kriterien ergäben sich aus § 6 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 BPersVG: Dienststelle sei danach jede Verwaltungseinheit mit eigenständigem Aufgabenbereich und organisatorischer Selbständigkeit.
Diese Voraussetzungen erfülle der Kasernenkommandant. Er sei Vorgesetzter mit besonderem Aufgabenbereich nach § 3 der Vorgesetztenverordnung. Im Kasernenbereich habe er diejenigen Aufgaben wahrzunehmen, zu denen das Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr und zivile Wachpersonen – UZwGBw – vom 12. August...