Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustimmung zur Grenzbebauung. Baulast. Nachbar. Verwirkung. Vormerkung. Zustimmungserklärung
Leitsatz (amtlich)
Zur Wirksamkeit einer Zustimmungserklärung nach § 12 Abs. 3 NBauO bedarf es der Mitwirkung desjenigen, zu dessen Gunsten eine Vormerkung zur Eigentumsübertragung eingetragen ist und der das Grundstück nutzt; ob es ausreicht, dass eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen ist, bleibt unentschieden. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, zu dem die Erklärung der Bauaufsichtsbehörde zugeht.
Normenkette
NBauO § 12 Abs. 3, § 72 Abs. 4, § 92; VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a IV 4
Verfahrensgang
VG Hannover (Urteil vom 15.03.2002; Aktenzeichen 4 A 5138/01) |
Gründe
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. Oktober 2001 nahm die Beklagte nach Widerspruch der beigeladenen Nachbarn ihre Baugenehmigung zur Errichtung einer Grenzgarage vom 22. Februar 1996 zurück und gab ihr einen Teilrückbau auf. Die Beteiligten streiten dabei insbesondere um die (vom Verwaltungsgericht verneinte) Frage, ob die Beigeladenen oder ihr Rechtsvorgänger auf Nachbarrechte verzichtet oder diese in formeller oder materieller Hinsicht verwirkt haben.
Die Klägerin und die Beigeladenen sind seit dem 18. August 1995 Grundstücksnachbarn. An diesem Tage wurde der am 13. Dezember 1994 zwischen den Beigeladenen und dem Voreigentümer, Herrn {A.}, notariell beurkundete Kaufvertrag durch Eigentumsumschreibung erfüllt. Den Beigeladenen gehört das nördliche der beiden an der Westseite der {B.}-Straße in {C.} gelegene Grundstück (Nr. 97). Das südliche Nachbargrundstück hatten die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann mit Bauschein vom 29. April 1994 in zweiter Reihe mit einem Wohnhaus nebst südlich bis zur Grenze anschließenden Stellplätzen bebaut. Ohne Genehmigung der Beklagten entstand offensichtlich im Zuge dieser Baumaßnahme in der Fachwerkbauweise des Hauptgebäudes an der Nordgrenze des Baugrundstücks eine Doppelgarage. Diese steht mit 9 m Länge hart an der Grenze. Parallel zu dieser befindet sich die Traufe, welche in einer Höhe von rund 2,60 m beginnt. Das Krüppelwalmdach hat eine Steigung von ca. 45°. Das Gebäude wurde nicht vollständig hergestellt, nachdem seine Herstellung über die Ortspolizei der Beklagten bekannt geworden war; es fehlen bislang unter anderem die Fenster sowie die beiden Garagentore.
Im Oktober 1994 stellten die Klägerin und ihr seinerzeit noch lebender Mann den Antrag, das Gebäude nachträglich zu genehmigen. Sie legten den Auszug einer nur vom Rechtsvorgänger der Beigeladenen unterschriebenen Zusatzerklärung zu einer Grenzbebauung vom 17.3.1994 vor. Diese reichte der Beklagten nicht aus. Unter dem 6. Juni 1995 unterzeichnete der Rechtsvorgänger der Beigeladenen eine Erklärung, die unter anderem den folgenden Wortlaut hat:
„Dieser Bestätigung durch Herrn {A.}, {B.}-Str. 97, geht eine Beratung durch das Bauamt der Stadt {C.}, Herrn {D.} vom 14.11.1994 voraus und einer Kenntnisnahme der Käufer des Grundstückes {B.}-Str. 97, Herrn u. Frau {E.}, während einer Besichtigung des Grundstückes Ende November.
Grenzbebauung, {B.}-Str. 95a
Hiermit erkläre ich mich einverstanden, daß beiliegendes Bauvorhaben die Höhe von 3 m überschreiten darf. (Entsprechend den beigefügten Plänen.)”
Auf dem Kopf der Erklärung (Blatt 59 BA A) sind als Bauherrn die Klägerin und ihr Mann sowie als Bauort „{B.}-Str. 95a” angegeben; außerdem ist der Schnitt eines Gebäudes zu sehen, das 7 m breit ist, ein Walmdach aufweist und eine Firsthöhe von etwa 6,70 m hat. Die Erklärung ging ausweislich des Eingangsstempels am 16. August 1995 beim Bauamt der Beklagten ein.
Die Baugenehmigung wurde den Beigeladenen nicht bekannt gemacht. Im April erhielten sie eine Kopie der oben geschilderten Erklärung. Unter dem 28. April 1997 nahmen sie die Wirksamkeit dieser Einverständniserklärung in Abrede, weil diese nicht mit ihnen abgestimmt gewesen sei. Die Baugenehmigung sei schon wegen Überschreitung der zulässigen Höhe rechtswidrig. Sie baten einzuschreiten. Das lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 19. Juni 1997 zunächst mit der Begründung ab, die Abwehransprüche der Beigeladenen seien verwirkt. Diesen Bescheid hob sie auf Widerspruch der Beigeladenen auf. Unter dem 3. Dezember 1997 nahm sie die Baugenehmigung für die Garage teilweise zurück und gab einen Teilrückbau auf. Auch diesen Bescheid hob sie im Verlauf des (ersten) Klageverfahrens – 4 A 113/00 – auf, nachdem das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen hatte, dass die Verfügung möglicherweise unter Ermessensfehlern leide.
Durch hier angegriffenen Bescheid vom 26. Oktober 2001 nahm die Beklagte den Bauschein vom 22. Februar 1996 teilweise zurück und gab der Klägerin und ihrem Ehemann auf, die bereits errichtete Baulichkeit bis zum 31. Dezember 2001 dergestalt umzubauen, dass sie eine Höhe von 3 m im Grenzbereich von 3 m ab der Grenze nicht überschreite. Zur Begründung führte sie unter anderem aus, die Baugenehmigung sei rechtswidrig, weil zum Zeitpunkt ihrer Erteilung keine Zustimmungserklärung der Beigelad...