Verfahrensgang

VG Oldenburg (Urteil vom 17.08.2001; Aktenzeichen 6 A 2910/99)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg – 6. Kammer – vom 17. August 2001 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger ist als Versorgungsempfänger beihilfeberechtigt.

Mit Beihilfeanträgen vom 2. Februar, 24. Februar und 4. April 1999 beantragte er jeweils eine Beihilfe unter anderem zu den Aufwendungen für das hochdosierte Vitaminpräparat „Vitamin E Stada Kapseln N3”, das seiner Ehefrau durch ihren Arzt neben anderen Medikamenten wegen einer Immunabwehrschwäche bei maligner Grunderkrankung verordnet worden war. Die Ehefrau des Klägers war im März 1996 wegen eines Ovarialkarzinoms operiert worden und hatte sich anschließend einer etwa sechsmonatigen Chemotherapie sowie im September 1996 einer Kontrolloperation unterziehen müssen.

Die Beklagte lehnte die Gewährung einer Beilhilfe nach Einholung einer amtsärztlichen Stellungnahme wegen fehlender medizinischer Notwendigkeit von Stärkungsmitteln (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 4 BhV) mit Bescheid vom 28. April 1999 ab. Den dagegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 1999 (zugestellt am 14.7.1999) zurück.

Der Kläger hat am 4. August 1999 Klage erhoben und vorgetragen: Die hochdosierte Gabe von Vitaminen sei geeignet, eine weitere Krebserkrankung abzuwehren. Vitamin E werde im Rahmen der Orthomolekulartherapie zur Stärkung des Immunsystems eingesetzt, das zusammenzubrechen drohe, wenn die Gabe hochdosierten Vitamins E weggelassen werde. Diese Therapie zur Abwehr einer Wiedererkrankung sei auch in der Wissenschaft anerkannt, zumal für die Erkrankung seiner Ehefrau weitere wissenschaftlich anerkannte Therapieformen nicht zur Verfügung stünden. Jedenfalls sei es wegen der Krebserkrankung seiner Frau ausnahmsweise geboten, die Kosten für das betreffende Arzneimittel als beihilfefähig anzuerkennen. Auf die Stellungnahme des Amtsarztes könne sich die Beklagte nicht berufen, denn dieser habe weder seine Ehefrau untersucht noch verfüge er über ausreichende diagnostische und therapeutische Erfahrungen auf dem Gebiet der Krebserkrankungen. Zudem verhalte sich die Beklagte widersprüchlich, da sie andere Vitaminpräparate als beihilfefähig anerkenne.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 28. April 1999 und deren Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm auf seine Beihilfeanträge vom 2. und 24. Februar und 13. März (richtig: 4. April) 1999 die Kosten des Medikaments Vitamin-E Stada Kapseln N3 als beihilfefähig anzuerkennen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat erwidert: Vitaminpräparate seien keine Arzneimittel, sondern Nahrungsergänzungsmittel. Eine Übernahme von Kosten für derartige Mittel komme ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn – anders als im vorliegenden Fall – ein Vitaminmangelzustand im Sinne einer Erkrankung vorliege. Bei der Ehefrau des Klägers werde das Vitamin-Präparat im Wege einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode vorbeugend eingesetzt.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 17. August 2001 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Verneinung der Beihilfefähigkeit durch die angefochtenen Bescheide sei rechtlich nicht zu beanstanden, da es sich bei dem Vitaminpräparat nicht um ein Arzneimittel im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BhV handele. Nicht jedes von einem Arzt verordnete Mittel erfülle den Arzneimittelbegriff der Beihilfevorschriften. Präparate, die nur eine vorbeugende, unterstützende oder allgemein gesundheitsfördernde Wirkung hätten, gehörten nicht zu den Arzneimitteln im Sinne der Beihilfevorschriften. In den Hinweisen zu den BhV zu § 6 Abs. 1 Nr. 2 und 4 BhV seien Stärkungsmittel ausdrücklich als nicht beihilfefähig genannt. Stärkungsmittel dienten der Kräftigung der körperlichen Verfassung und seien deshalb keine Arzneimittel im Sinne der BhV. Dazu zählten auch Vitaminpräparate. Nach der ärztlichen Diagnose solle im Falle der Ehefrau des Klägers allein die Immunabwehrfähigkeit gestärkt werden. Vitamine und Spurenelemente könnten aber auch mit der Nahrung aufgenommen werden. Daher handele es sich bei den Vitaminpräparaten um Mittel, die geeignet seien, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Hinzukomme, dass die Orthomolekularetherapie nicht ein wissenschaftlich allgemein anerkanntes Verfahren zur Behandlung einer Krankheit sei. Sie sei nicht Bestandteil des Leistungskataloges der gesetzlichen Krankenversicherungen und habe auch nicht Eingang in die Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) gefunden. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedürfe es nicht; denn es sei zum einen allgemein bekannt, dass es eine wissenschaftlich anerkannte Methode zur vorbeugenden Abwehr von ...

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