Rz. 170

Nicht-norwegische Gesellschaften können ihrerseits in Norwegen eine Zweigniederlassung (Norskregistrert Utenlandsk Foretak)[527] gründen, soweit dem nicht die Regeln des internationalen Gesellschaftsrechts entgegenstehen. Aufgrund der Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit ist die Gründung von Zweigniederlassungen durch Gesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten des EWR insoweit unproblematisch. Dies gilt auch im Falle eines Wegzugs aus dem anderen Mitgliedstaat, soweit dieser den Wegzug zulässt.

 

Rz. 171

Die Zweigniederlassung muss in Norwegen im Handelsregister eingetragen werden und erhält mit der Eintragung eine – norwegische – Handelsregisternummer. Gleichwohl ist die Zweigniederlassung jedoch keine juristische Person,[528] wird aber in der Praxis – unter Verwendung ihrer norwegischen Handelsregisternummer – wie ein eigenständiges Rechtssubjekt behandelt. Sie begründet für die nicht-norwegische Gesellschaft außerdem einen besonderen Gerichtsstand in Norwegen, an dem sie im Hinblick auf die durch ihre Zweigniederlassung ausgeübte Geschäftstätigkeit verklagt werden kann.[529]

 

Rz. 172

Wenn eine Zweigniederlassung gegründet und im Handelsregister eingetragen wurde, wird diese in aller Regel eine Betriebsstätte der nicht-norwegischen Gesellschaft in Norwegen begründen. Allerdings sind Zweigniederlassung – als handels-/gesellschaftsrechtlicher Begriff – und Betriebsstätte – als steuerrechtlicher Begriff – nicht zwangsläufig identisch. Eine Zweigniederlassung kann nämlich auch dann bestehen, wenn sie keine Betriebsstätte im steuerlichen Sinn darstellt. Dies ist denkbar, wenn die Zweigniederlassung zu rein repräsentativen Zwecken oder zum bloßen Erlangen einer Handelsregisternummer[530] gegründet wird.[531] Umgekehrt kann eine Betriebsstätte einer nicht-norwegischen Gesellschaft auch dann vorliegen, wenn sie sich nicht über eine Zweigniederlassung in Norwegen registriert hat. Denn ob eine Betriebsstätte in Norwegen besteht, richtet sich ausschließlich danach, ob die hierzu erforderlichen Voraussetzungen tatsächlich erfüllt sind.[532]

[527] Ausführlich zur Zweigniederlassung Reiersen/Sjåfjell, NUF-kaoset i norsk rett – et bidrag til oppklaring, TfR 3/2010, 423 ff.
[528] Reiersen/Sjåfjell, NUF-kaoset i norsk rett – et bidrag til oppklaring, TfR 3/2010, 423, 429.
[529] § 4–4 (3) S. 2 der norwegischen Zivilprozessordung (Tvisteloven).
[530] Gesellschaftsrechtlich ist dies beispielsweise erforderlich, um eine Personengesellschaft zu gründen oder daran Anteile zu erwerben, da der Gesellschafter unter seiner – norwegischen – Handelsregisternummer im Handelsregister eingetragen wird; vgl. zur Gründung durch natürliche Personen Mörsdorf, RIW 2011, 133, 136.
[531] In diesem Fall wird die Zweigniederlassung nur im sog. Allgemeinen Register (Enhetsregister) eingetragen, wofür weniger Unterlagen als für eine Eintragung im Handelsregister einzureichen sind.
[532] Siehe beispielsweise Art. 5 des Deutsch-Norwegischen Doppelbesteuerungsabkommens.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge