1 Leitsatz
Wird in den textlichen Festsetzungen eines Bebauungsplans auf nicht öffentlich zugängliche technische Vorschriften verwiesen, muss in der ortsüblichen Bekanntmachung des Bebauungsplans darauf hingewiesen werden, wo diese Vorschriften eingesehen werden können.
2 Das Problem
Die vom Gesetz in § 10 Abs. 3 BauGB vorgeschriebene Bekanntmachung des Bebauungsplans erfüllt wichtige rechtsstaatliche Anforderungen. Die Planbetroffenen sollen darauf hingewiesen werden, wo und wie der Bebauungsplan die baurechtlichen Verhältnisse regelt. Hierüber muss die Bekanntmachung erschöpfend Auskunft geben und darf den Bürger nicht auf andere Quellen verweisen, die ihm nicht ohne Weiteres zugänglich sind.
3 Die Entscheidung
Das BVerwG hatte über einen Bebauungsplan zu entscheiden, der die Festsetzung eines Dorfgebiets abänderte und es in ein allgemeines Wohngebiet umwidmete. In der Bekanntmachung dieses Bebauungsplans war zunächst nicht darauf hingewiesen worden, wo die in Bezug genommene VDI 2719 kosten- und problemlos eingesehen werden konnte. Auf den erfolgreichen Normenkontrollantrag zweier Grundstückseigentümer im Plangebiet nahm die Stadt einen 2. Anlauf und machte den Bebauungsplan erneut – dieses Mal mit einem veränderten Inhalt – bekannt. In der öffentlichen Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses wurde nämlich darauf hingewiesen, dass die im Bebauungsplan in Bezug genommene technische Vorschrift bei der Gemeinde zur Einsichtnahme bereit liegt.
Das BVerwG sagt dazu, dass eine solche Bekanntgabe den sich aus dem Rechtsstaatsprinzip und aus § 10 Abs. 3 BauGB an die Verkündung von Normen ergebenden Anforderungen entspricht. Die Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips an die Verkündung von Normen stünden einer Verweisung auf nicht öffentlich zugängliche technische Vorschriften in den textlichen Festsetzungen eines Bebauungsplan nicht von vornherein entgegen. Verweist eine Festsetzung in einem Bebauungsplan auf eine solche Vorschrift und ergibt sich erst aus dieser Vorschrift, unter welchen Voraussetzungen ein Vorhaben planungsrechtlich zulässig ist, müsse der Plangeber sicherstellen, dass die Planbetroffenen sich auch vom Inhalt der jeweiligen technischen Vorschrift verlässlich und in zumutbarer Weise Kenntnis verschaffen könnten. Dazu genüge es, wenn die Gemeinde die in Bezug genommene Vorschrift bei der Verwaltungsstelle, bei der auch der Bebauungsplan eingesehen werden kann, zur Einsicht bereithalte und hierauf in der Bebauungsplanurkunde hinweise. Ebenso genüge ein entsprechender Hinweis in der ortsüblichen Bekanntmachung, weil dieser in gleicher Weise wie der Hinweis in der Bebauungsplanurkunde geeignet ist, die Planbetroffenen über die Möglichkeit und den Ort der Einsicht in die technische Vorschrift zu informieren.
Bebauungspläne enthalten oft Bezugnahmen auf technische Vorschriften. Dazu gehören z. B. die DIN-Normen über Lärmimmissionen, die Vorschriften über Geruchsbelästigungen und viele weitere Regelungen zu Schadstoffimmissionen. Für die Bezugnahme auf alle diese Regeln hat das BVerwG nunmehr hinreichend klare Anforderungen. Soweit sie nicht beigefügt oder im Bebauungsplantext wiederholt werden, sind sie kostenfrei bei der Verwaltungsstelle, bei der auch der Bebauungsplan eingesehen werden kann, zur Einsicht bereitzuhalten. Hierauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen.
4 Entscheidung
BVerwG, Urteil v. 25.6.2020, 4 CN 5.18