Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens war die Beschwerde eines für ein minderjähriges Kind bestellten Verfahrensbeistandes nach vorläufiger Unterbringung des betroffenen Kindes durch einstweilige Anordnung ohne vorherige Anhörung der sorgeberechtigten Mutter.
Sachverhalt
Ein minderjähriges Kind wurde kurz vor Erreichen der Volljährigkeit vom Notarzt in eine Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie wegen zuvor gezeigten auffälligen Verhaltens eingeliefert. Aufgrund seines verwirrten Zustandes hatte die Polizei den Notarzt alarmiert, der es in die Klinik gebracht hatte. Dort wollte das Kind nicht bleiben.
Vor diesem Hintergrund hat die allein sorgeberechtigte Mutter beim FamG noch am Tage der Unterbringung des Kindes in der Klinik einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Genehmigung der vorläufigen Unterbringung ihres Kindes eingereicht. Dem FamG wurde ein ärztliches Zeugnis des Chefarztes der besagten Klinik vorgelegt. Ergänzend wurde die behandelnde Klinikpsychologin angehört, auch eine Anhörung des Kindes erfolgte.
Das FamG hat noch am 1.12.2009 die einstweilige Anordnung erlassen, mit der die vorläufige Unterbringung des betroffenen Kindes in einer geschlossenen Einrichtung bis zum 23.12.2009 - somit bis zur Volljährigkeit - genehmigt wurde und die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung angeordnet.
In demselben Beschluss wurde die Beteiligte zu 3) zum Verfahrensbeistand des Kindes bestellt. Ihre Anhörung sollte unverzüglich nachgeholt werden.
Gegen die erlassene einstweilige Anordnung hat die Beteiligte zu 3) als Verfahrensbeistand Beschwerde eingelegt und eine Aufhebung des Beschlusses und Zurückverweisung beantragt.
Die Beschwerde erwies sich als begründet.
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, das FamG hätte auf jeden Fall die allein sorgeberechtigte Kindesmutter "persönlich" anhören müssen gemäß § 167 Abs. 4 FamFG. Mit der "persönlichen" Anhörung sei eine mündliche Anhörung gemeint, damit sich das Gericht einen Eindruck von dem sorgeberechtigten Elternteil verschaffen könne (so schon Keidel/Kuntze/Winkler/Engelhardt, FGG, 5. Aufl., § 50a Rz. 12 m.w.N.; ferner Bork/Jacoby/Schwab, FamFG, § 167 Rz. 27). Es reiche nicht aus, dass sich die sorgeberechtigte Mutter bereits mit der Begründung ihres Antrages nach § 1631b BGB schriftlich in das Verfahren eingebracht habe.
Die nach § 1631 BGB nach bisherigem Recht bestehende Ausnahmeregelung, wonach bei Gefahr im Verzug von der persönlichen Anhörung sorgeberechtigter Elternteile abgesehen werden durfte, sei im FamFG ersatzlos gestrichen worden. Die für die Unterbringung Minderjähriger maßgebende Vorschrift zu § 167 Abs. 4 FamG sei lex specialis ggü. den über § 167 Abs. 1 S. 1 FamFG entsprechend anwendbaren Bestimmungen zu § 312 ff. FamFG, wonach Eltern nicht am Unterbringungsverfahren beteiligt werden müssten, sondern lediglich beteiligt werden könnten. Die persönliche Anhörung sorgeberechtigter Elternteile sei nach dem FamFG zwingend vorgeschrieben.
Link zur Entscheidung
OLG Naumburg, Beschluss vom 14.12.2009, 8 UF 213/09